Auf der Suche nach Marsluft

Bei der Suche nach Leben auf dem Mars haben Raumsonden bisher v. a. die Oberfläche des Planeten im Visier. Hilfreich wäre es auch, eine Probe Marsluft zur Erde zu transportieren. Wie das gehen könnte, diskutierten Forscher bei einer Tagung in Berlin.

"Zzzzzzzzzz“ - genau dieses Geräusch möchte Bruce Jakosky nicht hören. Der Amerikaner arbeitet am Labor für Atmosphären- und Weltraumphysik der Universität von Colorado in Boulder. Und das Geräusch stammt von entweichender Luft, die der Geologe eigentlich untersuchen wollte. „Das Letzte, was uns passieren darf, ist eine Probe von Marsluft zur Erde zu transportieren, um dann zu hören, wie sie hier entweicht.“ Also muss solch eine Probenrückfühung gleich von Anfang an richtig geplant werden.

Die Konferenz:

2. International Mars Sample Return Conference

Ö1 Sendungshinweis:

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Ö1 Wissen aktuell, 2.5.18, 13:55 Uhr

Doch eins nach dem anderen: Leichter als eine Probenrückführung wäre zunächst einmal eine Untersuchung der Marsatmosphäre vor Ort. Diesen Ansatz hat Europas Weltraumagentur ESA gewählt. Seit etwa einem Jahr umkreist ihr “Mars Trace Gas Orbiter“ den Roten Planeten. Dieses komplette erste Jahr hat die Sonde gebraucht, um ihre Umlaufbahn zu stabilisieren. Nun geht es los mit den Messungen. Denn offene Fragen gebe es genug, findet Jorge Vago vom europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk. „Wie hat sich die Atmosphäre des Mars entwickelt? Wie dicht war sie zu Beginn? Wieviel hat sie verloren und in den Weltraum abgegeben? Unser ‚Trace Gas Orbiter‘ sucht vor allem nach Spurengasen, solchen Elementen also, die nur in geringen Mengen vorkommen.“

Auf der Suche nach den Methan-Produzenten

Die Marsatmosphäre besteht zu fast nur aus Kohlendioxid. Das sagt nichts über mögliches Leben aus. In der Vergangenheit hatten Raumsonden jedoch auch Spuren von Methan nachgewiesen. Und da wird’s interessant. Denn auf der Erde haben 90 bis 95 Prozent allen Methans einen biologischen Ursprung. „Wenn wir die Methanmessungen auf dem Mars bestätigen können, wiese das auf einen lebendigen Planeten hin“, betont Vago. Das hieße: Entweder gäbe es kilometertief, unter der Oberfläche, wo flüssiges Wasser existieren könnte, Zellen, die Methan produzieren. Oder es finden ständig Reaktionen statt zwischen unterirdischen heißen Quellen und bestimmten Mineralien. Beides würde auf das Vorhandensein flüssigen Wassers hindeuten. Und flüssiges Wasser gilt unter Astrobiologen als Grundlage für die Entstehung von Leben.

Ob sich Wasser in flüssigem Zustand aber halten kann – darüber entscheiden die Bedingungen in der Atmosphäre. „Die Marsatmosphäre kontrolliert das Klima“, betont Bruce Jakosky von der University of Colorado. Eine kalte, trockene Atmosphäre macht flüssiges Wasser unmöglich. „Da könnten wir uns Leben nur schwer vorstellen“, glaubt der Amerikaner. „Wenn wir den Aufbau der heutigen Atmosphäre verstehen und ihn vergleichen mit früher, verstehen wir, wann der Mars lebensfreundlich war und vielleicht Mikroben ermöglicht hat.“

Eine Portion Marsluft, bitte!

Genau deswegen hätten Geologen gerne Marsluft zum Anfassen – möglichst von verschiedenen Stellen, und möglichst über einen längeren Zeitraum gesammelt. Anhand dieser Stichproben könnten sie die die vier Milliarden Jahre alte Geschichte der Marsatmosphäre rekonstruieren. Die leichten Elemente der Atmosphäre entweichen eher in den Weltraum als die schweren. „Indem wir das Verhältnis von leichten zu schweren Elementen untersuchen, erfahren wir, mit schnell und wie stark sich Teile der Atmosphäre verflüchtigt haben“, erklärt Jakosky.

Der nächste Marsrover der Amerikaner soll in zwei Jahren starten. Er wird dann vor Ort einige Gesteinsproben entnehmen und sie solange aufbewahren, bis eine spätere Mission sie einsammelt und zur Erde fliegt. Ob dann auch Proben der Marsluft entnommen werden sollen, ist noch offen.

Technisch wäre es denkbar einfach: Der Rover müsste nur die Klappe eines Einfangbehälters öffnen, die Luft einströmen lassen und den Container versiegeln. Wo auf dem Mars dies passiert, spielt keine Rolle. „Die Atmosphäre ist komplett durchmischt“, so Bruce Jakosky. „Eine Probe von einem x-beliebigen Ort wäre so gut wie jede andere.“ Gemeinsam mit dem Gestein würde die Probe dann automatisch die Reise zur Erde antreten. Bleibt zu hoffen, dass der Container auch die Landung überlebt und sich nicht die Zischlaute einstellen, die den Geologen die Tour komplett vermasseln würden.

Guido Meyer, science.ORF.at

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