Palmölzertifikate sind wenig nachhaltig

Die Palmölproduktion boomt. Das geht zulasten von Umwelt und Mensch. Damit die Gewinnung nachhaltiger wird, wurden eigene Zertifikate eingeführt. Diese halten aber nur zum Teil, was sie versprechen, zeigt die Studie einer Umweltorganisation.

Vom Blätterteig und Müsli bis zum Waschmittel - laut Schätzungen von Amnesty International enthält etwa jedes zweite Produkt im Supermarkt Palmöl. Hinzu kommt noch jenes Öl, das in „Biosprit“ wandert. Für die Produktion werden artenreiche Tropenwälder abgeholzt, Kleinbauern enteignet, und Menschen arbeiten oft unter gefährlichen und existenzbedrohenden Bedingungen, so die Kritik von Umweltschützern.

Palmölfrüchte in Indonesien

AFP PHOTO / ADEK BERRY

Palmölfrüchte in Indonesien

Zertifikate wie RSPO oder ISPO wollen Produkte ausweisen, die umweltfreundliches und/oder fair erzeugtes Palmöl verwenden. Die Standards zwischen den Labels sind aber zu unterschiedlich, wie eine der Studienautorinnen Alina Brad von der Universität Wien erklärt. „Für Konsumentinnen ist es dadurch unübersichtlich, nach welchen Kriterien Palmöl letztlich hergestellt wird.“

Die Studie

„The false promiseof certifcation“, Changing Markets Foundation, 3.5.2018.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmen sich am 3.5. auch „Wissen aktuell“ um 13.55 Uhr und die Nachrichten.

Die Politikwissenschaftlerin hat sich sechs der bekanntesten Palmölzertifikate angesehen und untersucht, was sie versprechen und was sie tatsächlich halten. So hat laut Brad das Label RSPO im Vergleich zwar die höchsten Standards, für echte Nachhaltigkeit reiche es aber nicht. „Von außen betrachtet kann man sagen, das ist doch ein gutes Instrument. Geht man ins Detail und schaut sich an, wie umgesetzt wird, erscheint vieles doch problematisch.“

Schlechte CO2-Bilanz

So verbietet RSPO zwar Kinderarbeit und fordert entsprechende Schutzkleidung für die Arbeiterinnen sowie einen Nachweis, dass die Palmölproduzenten nicht in Landnutzungskonflikte involviert sind. Lücken gibt es aber auf ökologischer Seite. Beispielsweise sind Spritzmittel erlaubt, die die Böden auf Dauer auslaugen und torfhaltige Böden für den Anbau trockengelegt werden dürfen – das setze viel CO2 frei. „25 Prozent aller Palmölplantagen werden auf Torfböden angelegt. Torf speichert sehr viel Kohlenstoff, der beim Trockenlegen freigesetzt wird.“

Illegale Palmöl-Plantage in Indonesien

APA/AFP/JANUAR

Illegale Palmölplantage in Indonesien

Demgegenüber stehen etwa das indonesische Label ISPO sowie das malaysische MSPO, die ihre Standards noch niedriger ansetzen als RSPO. Beide Länder zusammen produzieren allerdings 85 Prozent des weltweiten Palmöls. Allein in Indonesien wurden laut Greenpeace in den letzten 50 Jahren 74 Millionen Hektar Fläche für Ölpalmen verfügbar gemacht - eine Fläche fast zweimal so groß wie Deutschland.

„Es ist somit auch nicht verwunderlich, dass Indonesien als größter Palmölproduzent die vierthöchsten CO2-Emissionen weltweit hat“, so Brad. Die südostasiatischen Labels setzen vor allem bei arbeitsrechtlichen Maßnahmen weniger voraus. „Zudem geht man nicht darauf ein, dass Plantagenflächen nur in Konsultation mit der lokalen Bevölkerung angelegt werden dürfen.“ Weshalb Kleinbauern immer wieder vertrieben werden, so die Forscherin. Für den Konsumenten ist das nicht erkennbar.

Auftrag an Politik und Unternehmen

„Wir sind nicht generell gegen Zertifikate“, stellt die Wissenschaftlerin klar, die mit der Umweltorganisation Changing Markets Foundation die Studie erarbeitet hat, die auch von Greenpeace unterstützt wird. Handlungsbedarf sieht die Politikwissenschaftlerin aber bei Politikern und Unternehmen, um strengere, einheitliche Regeln zu schaffen. „Schwache Zertifikate wie ISPO und MSPO müssten etwa verboten werden. Zudem braucht es mehr Transparenz und die Produktion von Palmöl muss besser nachverfolgbar sein“, fordert Brad. Egal ob nachhaltig oder nicht, müsse die Produktion von Palmöl insgesamt zurückgehen. „Es wäre beispielsweise notwendig, dass Palmöl in Agrarsprit verboten wird und dass Unternehmen in Nahrungsmitteln auch andere pflanzliche Öle verwenden.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu diesem Thema: