Auf den Mount Everest ohne Sauerstoff

Vor 40 Jahren, am 8. Mai 1978, wurde der Mount Everest zum ersten Mal ohne künstlichen Sauerstoff bezwungen. Dass es der Südtiroler Reinhold Messer und der Tiroler Peter Habeler auf das „Dach der Welt“ schafften, galt als Sensation - auch medizinisch.

„Der Everest ist ohne Sauerstoff bestiegen worden, der Peter ist bereits am Südsattel, der Reinhold wird in einer halben Stunde am Südsattel sein“, aufgeregt meldet der Expeditionsarzt heute vor 40 Jahren die Sensation: Reinhold Messner und Peter Habeler ohne künstlichen Sauerstoff am Gipfel des Mount Everest.

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Bis heute fasziniert diese Besteigung - nicht zuletzt, weil sie als medizinisches Hochrisikounternehmen galt. Als „Deppen“ werden die Bergsteiger zurückkommen, Gehirn- und Gewebezellen absterben, so die Prognosen. Auch die Medizin habe damals dazu gelernt, sagt der Lungenspezialist und Höhenmediziner Wolfgang Domej von der Medizinischen Universität Graz: „Man hat daraus gelernt, dass die physiologischen Grenzen doch nicht dort sind, wo man sich gedacht hat. Alerdings ist in über 5.500 Metern Höhe - also in extremen Höhen - das Risiko immer extrem hoch.“

Geistige Fehlleistungen

Dass man für große Höhen körperlich und geistig fit sein muss, sei selbstverständlich, so der langjährige Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Aber auch bei noch so guter Vorbereitung kann es zu einer akuten Höhenkrankheit kommen: „Da passiert es dann, dass die Leute den Yeti sehen oder irgendetwas Irrationales tun. Das sind geistige Fehlleistungen, die auf den Sauerstoffmangel in extremer Höhe zurückzuführen sind.“

Extrembergsteiger Reinhold Messner und Peter Habeler auf einem Archivbild aus 1975

DPA/KLAUS HEIRLER

Extrembergsteiger Reinhold Messner und Peter Habeler auf einem Archivbild aus 1975

In geringerer Höhe kann das Blut noch rote Blutkörperchen nachbilden, die Lunge wird verstärkt durchblutet, man kann sich langsam an die „dünnere Luft“ anpassen und den Körper ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Aber, so der Lungenspezialist von der Medizin-Uni Graz, in über 5.500 Metern Höhe könne man sich aufgrund des hohen Sauerstoffmangels in der Atmosphäre nicht mehr akklimatisieren.

"Man ist ein „Wrack“

Die Folge ist massiver Stress für Körper und Geist, der mit keiner anderen Form von Belastung zu vergleichen ist. Zu den Langzeitfolgen gibt es bis heute keine verlässlichen Studien, so Wolfgang Domej. Reinhold Messer hat den akuten Stress für Körper und Geist Jahre nach der Besteigung so beschrieben: „Sie haben ununterbrochen kalt und hecheln nach Luft, der Kopf brummt, wenn er überhaupt noch spürbar ist, das ganze menschliche Wesen ist ein Wrack.“

Als seinen größten Erfolg sieht es Reinhold Messner trotzdem nicht, dass er heute vor 40 Jahren gemeinsam mit Peter Habeler den Mount Everest ohne Sauerstoff bestiegen hat. Der Everest-Alleingang zwei Jahre später, aber auch die Erkundungen von Wüsten und Polen seien größere Herausforderungen gewesen, so Messner.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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