Klinische Studien sollen transparenter werden

Klinische Studien sind die Grundlage, auf der sich Medizin nahe am Patienten weiterentwickelt. Sie entscheiden darüber, ob neue Medikamente und Therapien zugelassen werden. Gleichzeitig gebe es aber noch immer zu wenig Transparenz, kritisieren Fachleute.

Das Grippemittel Tamiflu bzw. der Wirkstoff Oseltamivir ist eines der bekanntesten Beispiele dafür, was zu wenig Transparenz bei klinischen Studien bewirken kann, so Andrea Fried von Transparency Österreich: „Angesichts einer drohenden Pandemie wurden Milliarden Euros ausgegeben von Staaten, die das Arzneimittel eingelagert haben. Im Nachhinein hat man herausgefunden, dass von zirka 20 Studien, die dazu existierten, nur zwei publiziert wurden - beide mit einem leicht positiven Effekt.“

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Über das Thema berichtet auch das Morgenjournal am 15.5.2018.

Erst im Nachhinein und auf Drängen von Wissenschaft und Medien hat Roche, das Unternehmen, das Tamiflu auf den Markt gebracht hat, alle Studien veröffentlicht - das Medikament wurde daraufhin neu bewertet, die Weltgesundheitsorganisation nahm den Wirkstoff von der Liste der „notwendigen“ Mittel. Staaten weltweit hatten es da schon um geschätzte 20 Milliarden Euro eingekauft.

Unvollständiges Bild

„Man möchte sich ein vollständiges Bild machen,“ sagt dazu Yannis Natsis von der European Public Health Alliance, einer NGO in Brüssel, die sich für ein möglichst transparentes Gesundheitssystem engagiert. Um ein vollständiges Bild zu haben, ist es aber nötig, dass klinische Studien schon bei ihrem Start in öffentlich zugänglichen Datenbanken registriert werden. So ist von Beginn an festgelegt, welcher Wirkstoff an wie vielen Patienten anhand welcher Kriterien überprüft wird - und sollte die Studie nicht das gewünschte Ergebnis bringen, kann sie nicht geheim gehalten werden. Die EU, insbesondere die Europäische Medizin Agentur EMA, habe in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, öffentlich zugängliche Register wie etwa EudraCT wurden eingerichtet, noch müsse man aber die konkreten Ergebnisse abwarten, so Natsis.

Denn in Großbritannien habe eine Studie gezeigt, dass ein Viertel der klinischen Studien trotz anders lautender Vorgaben nicht registriert wird - weltweit sind es noch deutlich mehr, hier werden laut Analyse etwa in der Anästhesie 80 Prozent der Studien entweder gar nicht oder erst im Nachhinein erfasst. In Verbindung mit hohen Medikamentenkosten und sinkenden Gesundheitsbudgets in vielen EU-Ländern sieht Yannis Natsis Österreich bei der bevorstehenden EU-Präsidentschaft gefordert: „Ich hoffe, dass die Präsidentschaft Österreichs die wichtigen Fragen anspricht.“ Als Vorbild nennt er die niederländische EU-Präsidentschaft vor zwei Jahren, als es einen gemeinsamen Ratsbeschluss gab, um „die Balance im pharmazeutischen System zu stärken“.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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