Zwischen Sparprogramm und Glück

Finnland ist laut jüngstem World Happiness Report zwar das glücklichste Land der Welt, hat nach Finanzkrise und Nokia-Misere wirtschaftlich aber gelitten. Mittlerweile ist das Land in Forschung und Innovation aber neu aufgestellt.

Finnland steht nach wie vor überdurchschnittlich gut da. Aber der Glanz guter Rankings - Dritter im EU-Innovationsanzeiger, Spitzenplätze bei den PISA-Tests - kann die Probleme der vergangenen zehn Jahre nicht ganz überstrahlen. Die Rezession im Gefolge der weltweiten Wirtschaftskrise 2009 hat das nordische Land hart getroffen und führte zu Einsparungen in allen Bereichen.

Dazu brachen nach dem Niedergang der Mobilfunksparte von Nokia Forschungsinvestitionen des Konzerns weg. Und auch die öffentlichen Forschungsausgaben gingen von 2011 bis 2017 insgesamt um 22 Prozent auf rund 1,8 Mrd. Euro zurück.

Business-Finland-Gebäude in Helsinki

Lukas Wieselberg, ORF

Business-Finland-Gebäude in Helsinki

F&E-Mittel steigen wieder

Unter dem Sparprogramm stark zu leiden hatten vor allem die Forschungsförderungsagentur Tekes mit einem Budgetabsturz um 51 Prozent auf 322 Mio. Euro und die größte öffentliche Forschungseinrichtung VTT, die bei den öffentlichen Zuwendungen ein Minus von 23 Prozent auf 74 Mio. Euro verkraften musste. Nach einer kontinuierlichen Abwärtsentwicklung seit 2015 gehen laut Statistik Finnland die öffentlichen Mittel für Forschung und Entwicklung erstmals wieder nach oben.

2018 steigt das staatliche Budget um 85,7 Millionen Euro auf rund 1,88 Mrd. Euro (Gesamtausgaben für Forschung über alle Bereiche: ca. 6 Mrd. Euro). Das 2015 präsentierte strategische Programm von Premier Juha Sipilä setzt bei Forschung und Innovation vor allem auf eine rasche Markteinführung von Innovationen und eine starke Exportorientierung.

Diese Philosophie spiegelt sich auch in der Anfang 2018 aus der Fusion von Tekes und der finnischen Außenhandelsstelle FinPro hervorgegangenen neuen Förderagentur Business Finland wider. Mit 600 Mitarbeitern verwaltet man laut Generaldirektor Pekka Soini ein Budget von rund 600 Mio. Euro jährlich.

Business Finland-Generaldirektor Pekka Soini beim Vortrag

Lukas Wieselberg, ORF

Business-Finland-Generaldirektor Pekka Soini beim Vortrag

Als strategische Schlüsselthemen für die Förderung wurden sechs Bereiche festgelegt: Bio- und Kreislaufwirtschaft, Umwelttechnik, Digitalisierung, Privatkundengeschäft, Reise, Gesundheit und Wohlbefinden. Dazu kommen als Querschnittsthemen die digitale Transformation oder auch die Arktis. Zu den Leuchtturmprojekten zählt Soini etwa „OneSea“, bei dem es um autonome Schifffahrt geht .

Keine Scheu vor Vergleichen

Wie es um das finnische Innovations- und Förderungssystem bestellt ist, war Anfang der Woche Thema einer Studienreise des Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR). Dabei gab es kaum einen Vortrag, der ohne Verweise auf gute Ergebnisse bei diversen Rankings ausgekommen ist. Das wurde der österreichischen Delegation, darunter auf Einladung der ACR auch science.ORF.at, zwar stets mit einem Augenzwinkern, aber nicht ohne Stolz vermittelt.

ACR-Geschäftsführer Johann Jäger sieht in den guten Rankingplatzierungen mehr als einen Selbstzweck, nämlich auch eine gewisse Sogwirkung. „Die Finnen scheuen sich nicht, sich messen zu lassen“, so Jäger. Durch den starken Fokus auf Bildung und die anhaltende Straffung der Strukturen in der Forschung werde das Land als Besuchsziel für andere Länder interessant, um sich etwas abschauen zu können.

Für ACR-Präsident Martin Leitl hat das angesichts „gravierender Einsparungen im Forschungs- und Innovationssystem“ unbekümmert zur Schau gestellte Selbstbewusstsein der Finnen vorgezeigt, wie man mit einer Krisensituation optimistisch umgehen könne.

science.ORF.at/APA

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