Forscher entwickeln Wärme-Tarnkappe

Camouflage-Effekt im Infrarot: Wissenschaftler haben ein Material entwickelt, das Wärmestrahlung aufhält - und Menschen oder Maschinen für Wärmebildkameras unsichtbar machen könnte.

Müsste man im Tierreich den Großmeister der Tarnung bestimmen, hätte wohl der Tintenfisch gute Aussichten auf diesen Ehrentitel. Denn so, wie er mit Hilfe von Pigmentzellen die Farben und Muster seiner Umgebung imitiert, wird er tatsächlich fast unsichtbar - und das, obwohl er selbst gar keine Farben sehen kann.

Im akustischen Fach tricksen wiederum die Bärenspinner: Die Schmetterlinge senden Störsignale aus, sabotieren auf diese Weise die Echoortung von Fledermäusen und werden dadurch für ihre gefährlichsten Feinde unsichtbar - bzw. in diesem Fall: unhörbar. Derlei Beispiele vollendeter Mimikry haben auch Wissenschaftler immer wieder zu neuen Entwürfen inspiriert. Von einem solchen berichtet nun der türkische Physiker Omer Salihoglu im Fachblatt „Nano Letters“. Er und sein Team haben ein Material entwickelt, das Wärmestrahlung abschirmt, also Objekte im Infrarot-Bereich unsichtbar macht.

Ionen hemmen Abstrahlung

Solche Effekte waren bisher nur mit starren Materialien möglich, das von den türkischen, britischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern entwickelte Gewebe indes ist dünn und flexibel. Es besteht aus zweierlei Elektroden, angefertigt aus Graphen, Gold und wärmeresistentem Nylon. Dieses Materialsandwich ist wiederum in eine ionenhältige Flüssigkeit eingebettet.

Wie die Forscher in ihrer Studie schreiben, haben die Ionen maßgeblichen Anteil an dem intendierten Effekt: Legt man eine schwache Spannung an die Elektroden an, wandern die Ladungsträger durch das Graphen zu den elektrischen Polen und verhindern dadurch, dass das Material Wärme abstrahlt.

Aufnahme einer Hand im Infrarot - ein Teil davon ist durch ein Tarnmaterial abgeschirmt

American Chemical Society

Tests im Labor waren erfolgreich

Bisher funktioniert das Ganze im kleinen Maßstab, eine halbe Forscherhand haben Salihoglu und Co. im Infrarot-Bereich bereits unsichtbar gemacht. Nun sollen größere Objekte folgen. Tarnkappen für Wärmebildkameras wären nicht die einzig denkbare Anwendung. Die Technologie könnte auch zur Entwicklung neuartiger Hitzeschilde für Satelliten führen.

Infrarot spielt übrigens auch im Tierreich eine nicht zu unterschätzende Rolle: Schlangen etwa können die Wärmestrahlung ihrer Beute „sehen“ - allerdings nicht mit den Augen, sondern mit dem sogenannten Grubenorgan am vorderen Oberkiefer.

Robert Czepel, science.ORF.at

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