Transparenz auf niedrigem Niveau

140 Millionen Euro sind 2017 von der Pharmaindustrie an Forschungseinrichtungen, Krankenhäuser und Ärzteschaft geflossen. An wen genau, bleibt weiterhin unklar: Denn die namentliche Offenlegung der Ärzte und Ärztinnen stagniert bei 20 Prozent.

Damit bleibt die Transparenz-Initiative von Pharmaindustrie und Ärztekammer auf niedrigem Niveau. Sie war 2015 gestartet worden, um Korruptionsvorwürfe auszuräumen und zu zeigen, dass an der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Ärzteschaft nichts Verwerfliches ist.

Ö1 Sendungshinweis:

Über die Zahlungen der Pharmaindustrie berichtete auch das Mittagsjournal am 11.7.2018.

Dass sich nur jeder fünfte Arzt namentlich nennen lasse, bedauert der Präsident des Verbandes der pharmazeutischen Industrie (Pharmig), Martin Munte. Er äußert aber auch Verständnis: „Wenn man verantwortlicher Prüfarzt eines großen Projektes ist, dann können beim eigenen Namen hohe Summen stehen. Das ist vielen Ärzten einfach nicht angenehm.“

„Nicht verstecken“

140 Millionen Euro sind im vergangenen Jahr von der Pharmaindustrie in die österreichische Medizin geflossen, das sind um mehr als 50 Prozent mehr als im vergangen Jahr, als die Summe bei 90 Millionen Euro lag. Gestiegen sind vor allem die Ausgaben für die Forschung (2017: 89 Millionen Euro) - da seien Teile hoch dotierter Projekte abgerechnet worden, etwa in der Brust- und Darmkrebsforschung, heißt es seitens der Pharmig. 31 Millionen Euro sind in Veranstaltungen gegangen, um Ärzten und Ärztinnen beispielsweise die Teilnahme an Kongressen zu bezahlen. 14,5 Millionen Euro wurden für Dienst- und Beratungsleistungen ausgegeben.

Geldscheine in der Mitte von Tablettenpackungen

dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

2017 ist um 50 Prozent mehr Geld von der Pharmaindustrie in das heimische Medizinsystem geflossen als 2016.

Dass nur ein Fünftel der Ärzte und Ärztinnen namentlich zu den Zahlungen steht, soll sich ändern, so Pharmig-Präsident Munte: „Ich möchte definitiv im nächsten Jahr einen Anstieg sehen, und darauf arbeiten wir auch hin.“ Auch die Ärztekammer appelliert an die eigenen Kolleginnen und Kollegen, „sich nicht zu verstecken“, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme heißt. Die Kammer will mehr informieren und aufklären, eine Verpflichtung zur Offenlegung - wie es sie in den USA mit dem „Sunshine Act“ gibt - lehnt sie aber ebenso wie die Pharmig ab.

Ohne Offenlegung kein Geld

Ebenfalls keine gesetzliche Regelung, dafür aber ein offensiveres Vorgehen der Industrie wünscht sich Victoria Williams, Direktorin von GlaxoSmithKline Österreich. Bei GSK gilt das Prinzip: Geld gibt es nur gegen namentliche Nennung, 2017 hat der Unternehmen 767.304 Euro an Gesundheitsorganisationen und Ärzteschaft gezahlt. „Jeder und jede von uns möchte wissen, ob ein Arzt, der uns oder unsere Familienangehörigen behandelt, Verbindungen zur Pharmaindustrie hat“, so Williams. „Wir als Pharmaindustrie arbeiten an Produkten, die das Leben von Menschen verbessern sollen. Aber wir haben einen schrecklichen Ruf, und dem kann man nur mit absoluter Transparenz entgegentreten.“

GSK hat für 2017 bei 99,1 Prozent der Zahlungen an Personen und 100 Prozent der Organisationen namentlich offen gelegt, an wen das Geld gegangen ist - hier nachzulesen. Bei den Personen sind es 99,1 und nicht 100 Prozent, weil wenige Einzelne ihre Zustimmung zur Veröffentlichung im Nachhinein zurückgezogen haben - dann dürfen die Informationen aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht werden.

Die Transparenz-Initiative der Pharmig begrüße sie, so Victoria Williams. Nun brauche es aber weitere Schritte, denn: Wenn die Industrie nicht mit gutem Beispiel vorangehe, könne man auch von der Ärzteschaft nicht mehr verlangen, so die Direktorin von GlaxoSmithKline Österreich.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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