1,5 Grad Klimaziel: Die Zeit wird knapp

Wenn nicht schnell gehandelt wird, ist das Ziel des Pariser Klimaabkommens - eine Erderwärmung von „nur“ 1,5 Grad Celsius - unerreichbar. Dabei wären schon deren Folgen ungemütlich, heißt es in einem Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC), der heute Nacht veröffentlicht worden ist.

Im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ist die weltweite Durchschnittstemperatur bereits um etwa ein Grad Celsius gestiegen. Die Folgen sind schon spürbar, wie der IPCC-Sonderbericht auflistet: Wetterextremereignisse, steigender Meeresspiegel, schwindendes Meereis in der Arktis.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 8.10., 7:00 Uhr.

Auf ein Plus von 1,5 Grad Celsius fehlt nicht mehr viel, laut Prognosen wird das im Jahr 2030, spätestens 2052 erreicht sein - sofern weiter Treibhausgase ausgestoßen werden wie bisher. Was dann passiert: In einigen Regionen wird es mit großer Wahrscheinlichkeit mehr Hitzewellen geben sowie öfter Starkregen; andererseits mehr Dürren.

Das geringere Übel

Und doch ist laut Weltklimarat 1,5 Grad das geringere Übel - der Sonderbericht veranschaulicht das mit Vergleichen zu zwei Grad plus: Da würden Mensch und Planet deutlich mehr Schaden nehmen. Das Risiko für Dürren wäre größer; es drohten mehr tropische Wirbelstürme; man müsste mit mehr heftigen Niederschlägen rechen - auch auf der Nordhalbkugel.

Zwei Grad plus würden den Meeresspiegel (bis 2100) um zehn Zentimeter mehr steigen lassen als 1,5 Grad. Das mache für zehn Millionen Menschen einen Unterschied - zehn Millionen mehr, die in Küstennähe wohnen oder auf kleinen Inseln; da kann es den Lebensraum wegschwemmen oder Salzwasser ins Landesinnere spülen und Ackerflächen und Grundwasser ungenießbar machen.

Zwei Grad würden die Meerestemperaturen höher steigen lassen, die Ozeane stärker versauern, mehr sauerstoffarme Todeszonen in den Weltmeeren mit sich bringen. Da geht es nicht nur um Korallenriffe, sondern auch um Wirtschaftszweige: um Fischerei und Tourismus.

Gefahr für Ältere

An Land wären zwei Grad auch riskanter als 1,5 Grad. Die Folgen wären etwa mehr Waldbrände und: Doppelt so viele Pflanzenarten könnten ihren Lebensraum verlieren. Das hätte direkte Folgen auf die Landwirtschaft, etwa auf die Frage, was noch wo angebaut werden kann und mit welchem Aufwand.

Einige Regionen sind stärker von der Erwärmung betroffen, andere weniger - die Arktis wird etwa je nach durchgerechnetem Klimaszenario zwei bis dreimal wärmer; Landflächen grundsätzlich mehr als Meere. Die mittleren Breiten etwa könnten bei Hitzetagen gleich drei Grad Celsius zulegen. Stichwort Hitzetage: die dürften vor allem in den Tropen deutlich zunehmen.

Die Erwärmung werde vor allem ohnehin gefährdete Menschen und Bevölkerungsgruppen zu schaffen machen: Kranke Menschen, ältere - die dann von mehr bodennahmen Ozon, von mehr Hitzetagen besonders betroffen sind.

Radikaler Wandel nötig

Viele Jahre war vom Zwei-Grad-Ziel die Rede. Dann - im Pariser Klimaabkommen - lautete das Ziel, die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der heutige Bericht macht Druck, sich auf eben auf diese 1,5 Grad zu konzentrieren. Und das rasch - mit radikalen Veränderungen im Alltag, Verkehr, Energieverbrauch, Wohnen, Stadtplanung, Industrie. Das Verhalten müsste sich ändern, nur so könne das Ziel noch erreicht werden. Dazu müssten bis zum Jahr 2050 unterm Strich die Treibhausgase auf Null sinken.

In den IPCC-Bericht ist das Wissen von 42.000 Fachleuten eingeflossen, mehr als 6.000 Studien von einem Team aus 91 Wissenschaftlerinnen und Forschern - darunter fünf aus Österreich - wurden eingearbeitet. Eine steile Vorlage für die Politik - die im Dezember in Polen zusammenkommt zur nächsten UNO-Klimakonferenz.

Barbara Riedl-Daser, Ö1-Wissenschaft

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