Reichtum? Nein, danke!

Empathische Menschen haben eher Geldprobleme als andere. Wie eine aktuelle Studie mit drei Millionen Teilnehmern zeigt, ist der Grund dafür folgender: Geld interessiert sie weniger.

Dass „verträgliche“ - also kooperative, vertrauensvolle Menschen tendenziell eher knapp bei Kasse sind, haben Forscher bereits vor rund fünf Jahren herausgefunden. Warum das so ist, war bis jetzt unklar. „Man hat spekuliert, dass sie einfach schlechter verhandeln können und schneller nachgeben, um Spannungen und Konflikte mit anderen zu vermeiden“, erklärt die Studienautorin und Psychologin Sandra Matz von der Columbia Universität. Dadurch würden sie schlechtere Deals beim Autokauf oder in der Bank abschließen oder von anderen eher ausgenutzt werden. Eine Hypothese, die Matz und ihr Kollege Joe Gladstone nun überprüft haben.

Studie

„Nice guys finish last: When and why agreeableness is associated with economic hardship“, Journal of Personality and Social Psychology, 11.10.2018

„Es stimmt zwar, dass verträgliche Menschen weniger aggressiv verhandeln, aber das scheint nicht der Grund für ihre schlechtere finanzielle Situation zu sein“, erläutert die Psychologin. Das Problem ist vielmehr: Geld ist ihnen unwichtig. „Dadurch sparen sie weniger, haben höhere Schulden und zahlen häufiger geliehenes Geld nicht zurück.“ Zu diesem Ergebnis kommt das Forscherduo, nachdem sie Menschen in unterschiedlichen Studien zu Geld befragt, ihre Kontoinformationen analysiert und letztlich auch geographische Vergleiche zwischen Persönlichkeiten und Insolvenzen untersucht haben. „Da kommt man dann schnell auf eine große Teilnehmerzahl“, begründet Matz das Sample von drei Millionen Menschen.

Wenigverdiener am stärksten betroffen

Ein Detail der Untersuchungen: Nicht alle rücksichtsvollen, empathischen Menschen haben auch tatsächlich Geldprobleme. Vielmehr scheint es vor allem Wenigverdiener zu treffen. „Also wenn man sich um andere Leute kümmert, aber selbst in einer relativ schlechten Einkommenssituation ist, dann ist es erheblich wahrscheinlicher, dass man weniger Ersparnisse hat, den Kredit nicht zurückzahlen kann und teilweise auch Schulden hat.“ Matz zufolge fehlt ihnen dadurch das finanzielle Auffangnetz, das den schlechten Umgang mit Geld abfangen könnte.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 12.10., 18:00 Uhr.

Auf der anderen Seite des Spektrums scheint die Persönlichkeit wiederum einen egozentrischen und misstrauischen Menschen davor zu schützen, trotz niedrigen Einkommens in die Schuldenfalle zu tappen. „Lieber wäre mir, wenn man Wege finden würde, die verträglichen Menschen zu motivieren, besser auf ihr Geld aufzupassen. Immerhin braucht es diese sozialen Menschen in der Gesellschaft.“ Darüber hinaus verweist Matz darauf, dass von Geldproblemen geplagte Menschen auch ihrer Gesundheit schaden und es das gesellschaftliche Gleichgewicht stört, wenn zu viele Leute insolvent werden.

„Sollten den Menschen helfen“

„Da stellt sich die Frage: Wie können wir diese Leute identifizieren und wie können wir ihnen helfen? Hier spielt die Persönlichkeit eine wichtige Rolle, da man die Motive ihres Handelns relativ gut nachverfolgen kann. Im konkreten Fall sind verträgliche Menschen stärker auf ihre sozialen Beziehungen bedacht, das könnte man sich zunutze machen.“ Etwa indem man sie darauf hinweist, dass es der Familie beispielsweise besser gehen würde, wenn sie mehr auf ihr Geld achten, erläutert Matz weiter.

An einer solche Strategie könnten auch Banken Interesse haben, ist die Psychologin überzeugt und fordert ein Umdenken. „Man soll diese Menschen nicht aufgrund dieser einen Schwäche ausschließen - etwa bei Krediten. Immerhin profitieren auch Banken davon, wenn sie mehr Leute in ihr Kreditsystem aufnehmen können und dabei sicherstellen, dass sie das Geld häufiger zurückzahlen.“

Verträgliche Personen sind aber nicht die einzigen, die laut der Forschung schlecht mit Geld umgehen können. Auch extravertierte Leute kümmern sich weniger um ihr Geld, obwohl die Studienlage hier nicht ganz eindeutig zu sein scheint. „Umso mehr hat mich überrascht, wie konsistent der Effekt in unseren unterschiedlichen Studien war. Das zeigt schon, wie robust dieser Effekt ist und das es ihn tatsächlich gibt - egal wie stark er sich bei einzelnen Personen zeigt.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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