Seesaiblinge mit Quecksilber belastet

Immer wieder wird vor gesundheitsschädlichen Rückständen in Meeresfischen gewarnt. Doch auch bei Fischen aus Seen und Flüssen ist Vorsicht angebracht: Viele Seesaiblinge sind laut einer aktuellen Untersuchung mit Quecksilber vergiftet.

Seesaiblinge leben in sehr kalten Gewässern. In Österreich gibt es sie nur in einigen Gebirgsseen. Ein Team des Forschungsprojekts High Arctic, hat rund 1.600 Saiblinge aus 83 Seen in Nordamerika und Nordeuropa, darunter auch zwei Tiroler Gebirgsseen, analysiert.

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Über dieses Thema berichtet heute auch Wissen aktuell, 9.1.2019, 13.55 Uhr.

In ihrer Studie berichten die Wissenschaftler aus Österreich, den USA und Kanada über jene Saiblinge, die sich nur in Seen oder Flüssen aufhalten und nicht zwischen dem Meer und den Flüssen hin- und herwandern. Das Ergebnis ist alarmierend: Etwa zwanzig Prozent der untersuchten Saiblinge haben bereits so viel Quecksilber im Körper, dass sie als vergiftet gelten. "Das kann schlimme Konsequenzen für die Tiere, aber langfristig auch für den Menschen haben“, so der Biologe Günter Köck, assoziierter Mitarbeiter am Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Akademie der Wissenschaften in Innsbruck und Projektverantwortlicher.

Jeder fünfte Fisch vergiftet

Etwa 20 Prozent der aktuell gemessenen Seesaiblinge wiesen 0,3 Mikrogramm Quecksilber pro Gramm Muskelfleisch auf - diese Konzentration gilt als Grenzwert für die Gesundheit der Fische. „Wenn die Fische diesen Wert an Quecksilber im Körper haben, kann das zu unterschiedlichen Vergiftungserscheinungen führen, etwa zu Störungen der Fortpflanzung." Sollten die Quecksilberwerte auch in Zukunft ansteigen, könnten die Seesaiblinge sogar aussterben, sagt Köck im Gespräch mit science.ORF.at.

Zwei Seesaiblinge, Salvelinus alpinus

United States Fish and Wildlife Service

In Österreich sind die Seesaiblinge bislang relativ unbelastet

In 17 der 83 untersuchten Seen überschritten die Fische zum Teil den gesundheitsgefährdenden Wert an Quecksilber. Sieben dieser Seen befinden sich in Grönland, zehn in Kanada. Alle diese 17 Seen befinden sich in Interfrost- oder Permafrostgebieten.

Werte in Österreich noch unbedenklich

In den beiden gemessenen österreichischen Seen, dem Tiroler Rotfelssee und dem Schwarzsee liegen die Werte zwischen 0,02 und 0,1 Mikrogramm Quecksilber pro Gramm Muskelfleisch und sind daher unbedenklich. Doch Günther Köck rät zu weiteren Studien, denn Vergleiche mit früheren Analysen zeigen eine Zunahme dieser Werte: „In Österreich ist es so, dass die Quecksilberkonzentrationen in den Probenentnahmen von 2007 und 2011 doch höher waren als in dem Jahr 1994.“

Die Studie vergleicht unterschiedliche Daten aus den 90er Jahren bis zur Gegenwart. Im Fall der Tiroler Seen stammen die Messungen aus den Jahren 2007 und 2011, Köck und sein Team haben anhand Literaturrecherchen auch Vergleichsdaten aus den 1990er Jahren herangezogen. Ein Anstieg der Quecksilberwerte könne mit der jetzigen Studie nicht wissenschaftlich belegt werden, doch zeige sich ein Trend, der weiter verfolgt werden sollte.

Für den Menschen gelten andere Grenzwerte: Laut EU – Richtlinie (Kontaminantenverordnung, Verordnung (EU) Nr. 1881/2006) gilt für einen Großteil der Fische ein Höchstgehalt von 500 Mikrogramm Quecksilber pro Kilogramm Frischgewicht. Für bestimmte fettreiche Fische, vor allem Raubfische, Fische, die am Ende der Nahrungskette stehen und Schadstoffe vermehrt anreichern können, gilt der Höchstgehalt von 1.000 Mikrogramm pro Kilogramm Frischgewicht.

„Trotzdem muss man schon sagen, dass stark fischessende Nationen wie die Inuit oder die Skandinavier auch durch den Verzehr von Saiblingen mit Quecksilber belastet werden und dadurch gesundheitliche Schäden erfahren können“, so Köck.

Permafrost gibt Quecksilber ab

Durch die Klimaerwärmung taut der Permafrostboden auf, das dort eingelagerte Quecksilber gelangt vermehrt aus dem Boden ins Wasser. Quecksilber kommt natürlicherweise im Boden vor und wird auch bei Vulkanausbrüchen, Waldbränden oder von Geysiren freigesetzt. Sowie beim Verbrennen fossiler Energieträger, Steinkohle etwa – denn auch sie enthält natürlicherweise Quecksilber.

Um den Trend zu stoppen, müsste man laut Günther Köck jedenfalls auf fossile Brennstoffe vollständig verzichten. Die Verbrennung von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen wie Erdgas zählt zu den Hauptverursachern von Quecksilber-Emissionen.

Hanna Ronzheimer, science.ORF.at

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