Hinkelsteine stammen aus Asterix’ Heimat

Die ersten Hinkelsteine entstanden vor 7.000 Jahren in der Bretagne - also tatsächlich dort, wo Asterix und Obelix laut Comic wohnen. Der Hinkelsteinkult verbreitete sich neuen Analysen zufolge über den Seeweg in ganz Europa.

Die meisten kennen Stonehenge in England. Doch riesige Steinmonumente sind in Kontinentaleuropa viel häufiger: Fast 35.000 solcher Megalithen kennt man entlang der Atlantikküste, im Mittelmeerraum, auf Inseln und auch in zentraleren Regionen des europäischen Festlands.

Zoom in die Frühgeschichte

Eine neue Studie der Archäologin Bettina Schulz Paulsson von der Universität Göteborg kommt nun jedenfalls zu dem Schluss, dass sich die Idee zum Bau solcher Megalithen von nur einem Ort ausgehend verbreitet hat. Und nicht nur das: Sie glaubt, dass die Megalithpraxis über den Seeweg in Europa bekannt wurde.

Grab mit Hinkelsteinen am Meer

Bettina Schulz Paulsson

Das Großsteingrab Havängsdösen in der schwedischen Provinz Skåne län

Zu dem Schluss kommt Schulz Paulsson nach einer Analyse von Radiocarbondaten, die sie mit neuen statistischen Methoden ausgewertet hat. Mittlerweile ist es so möglich, statt auf einige hundert Jahre auf wenige Jahrzehnte genau zu datieren, wie Schulz Paulsson erklärt, dies sei ein Ergebnis der sogenannte „dritte Radiocarbondaten-Revolution“. Dadurch kann man heute genauer in die Frühgeschichte hineinzoomen und neue Erkenntnisse über diese Zeit gewinnen.

Ursprung vor 7.000 Jahren

Die Frühgeschichtsexpertin hat alte Daten neu bewertet, insgesamt hat sie 2.410 Megalithen zeitlich bestimmt. Stimmen die Befunde der Archäologin, hat sich die Idee von Megalithen ab der Mitte des fünften Jahrtausends vor Christus ausgehend von der heutigen Bretagne im Nordwesten Frankreichs verbreitet. Dort gibt es auch kleinere, ältere Vorformen solcher Steinbauten.

Paulsson zufolge erreichte die Idee der Megalithbauweise dann relativ bald die Küsten der iberischen Halbinsel, der britischen Inseln und sogar des Mittelmeers. Nach 200 bis 300 Jahren hatte sich die Megalithgesellschaft großräumig ausgebreitet - in einer Zeit, als das Rad vermutlich noch nicht erfunden war und auch keine Straßen gebaut waren.

Mit Schiffen transportiert

Die gefundenen Muster der zeitlichen und geographischen Ausbreitung der Steinbauten rütteln damit an ein paar altgedienten Vorstellungen. Bisher habe man Megalithen gerne mit sesshaften Ackerbaugesellschaften in Verbindung gebracht, erklärt die Archäologin:

“Und jetzt sieht es plötzlich so aus, dass diese Gesellschaften sehr mobil waren, über den Seeweg.“ Das werfe sehr grundlegende Fragen auf: „Man geht ja davon aus, dass die Seefahrt in der Bronzezeit begonnen hat, also 2.000 Jahre später. Das stimmt so dann nicht.“

Megalithgrab mit Tragsteinen und Deckplatte

Bettina Schulz Paulsson

Sa Coveccada - das größte Megalithgrab Sadiniens

Der ersten Ausbreitungswelle folgen laut Daten noch zwei weitere Wellen der Megalithbauweise. Erst um etwa 1.000 v. Chr. geht die Megalithzeit in Europa endgültig zu Ende.

Über die Datierung hinausgehend weiß man, dass manche voneinander weit entfernte Riesensteine Gemeinsamkeiten haben: Es gibt zum Beispiel solche, die trotz großer Distanz denselben Ursprung haben, in manchen Fällen wurden tonnenschwere Steine offenbar per Schiff auf Inseln gebracht. Andere Megalithen sind mit ähnlichen mystischen Symbolen dekoriert. Und besonders viele sind nach der aufgehenden Sonne ausgerichtet, was gerade bei Grabbauten eindrucksvoll wirken kann, sagt Schulz Paulsson: “Ich hab mich an Gräbern hingestellt, und man sieht wirklich wie die ersten Sonnenstrahlen ins Grab fallen. Da kann man schon darauf zurückschließen, dass es eine gemeinsame Ideologie oder Religion gab.“

In einem Folgeprojekt will die Bettina Schulz Paulsson mit weiteren bioarchäologischen Methoden wie Strontium- und DNA-Analysen arbeiten - und so herausfinden, ob auch die Menschen rund um die Megalithbauten in Europa bisher übersehene Gemeinsamkeiten hatten.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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