Schimpansen „sprechen“ wie Menschen

Der menschlichen Sprache liegen einfache Gesetze zugrunde. So werden etwa kürzere Wörter häufiger verwendet als längere. Diesen Gesetzen folgen laut einer neuen Studie auch Schimpansen, wenn sie mit Gesten „sprechen“.

Wenn man menschliche Sprachen untersucht, ist das Gesetz der Verkürzung“ offensichtlich. „Ja“ oder „Nein“ wird etwa in der deutschen Sprache viel öfter verwendet als „Bewerbungsauswahlverfahren“.

Eine andere Regelmäßigkeit beschreibt das Menzerathsche Gesetz, das so viel besagt wie: Je größer das Ganze, desto kleiner die Teile. In der menschlichen Sprache bedeutet das: Ein längeres Wort besteht tendenziell aus kürzeren Silben. Die menschliche Sprache steht nämlich unter dem Selektionsdruck effizient zu sein, so die Theorie. „Denn je mehr Nachrichten man in kürzerer Zeit übermittelt, desto weniger Energie kostet es und desto mehr Zeit spart man“, sagt die Primatologin und Studienautorin Raphaela Heesen, damals noch an der Universität Roehampton.

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Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal (15.2.2019).

Diese Gesetze findet man auch außerhalb der menschlichen Sprache. Beispielsweise im Rufverhalten von Fledermäusen oder Makaken. Und laut der soeben erschienenen Studie auch in der „Gebärdensprache“ von Schimpansen.

Ähnliche linguistische Gesetzen

Die Forscher rund um Raphaela Heesen analysierten in hunderten Videoaufnahmen den Einsatz von 58 verschiedenen Gesten im Spielverhalten von Schimpansen in Uganda. Sie stellten fest, dass kürzere Gesten häufiger verwendet wurden als längere. Die Affen scheinen also dem Gesetz der Verkürzung zu folgen. Außerdem dauerten die einzelnen Gesten im Schnitt kürzer, wenn Schimpansen mehrere hintereinander verwendeten. Das entspricht dem Menzerathschen Gesetz der menschlichen Sprache.

Natürlich unterscheidet sich die Kommunikation von Schimpansen von der menschlichen Sprache, aber die Ergebnisse zeigen, dass beide ähnlichen linguistischen Gesetzen folgen und damit einem ähnlichen Selektionsdruck ausgesetzt sein könnten, vermutet Heesen.

Nicht alle Gestentypen folgten jedoch diesen Gesetzen. Manchmal könnte es vorteilhafter, sein, eine Geste besonders eindeutig zu machen anstatt effizient. Gerade beim Spielverhalten von Schimpansen könnte dies relevant sein, da es leicht in Aggression ausarten kann, meint Heesen. Vor allem eine Spieleinladung muss sehr klar sein, da sie auch als Aggression fehlinterpretiert werden kann. Daher möchte die Primatologin in Zukunft untersuchen, wie sich solche Gesten etwa von jenen unterscheiden, die die Affen während des Spiels machen.

Pablo Graf Ancochea, Ö1-Wissenschaft

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