Wer sich bewegt, lernt mehr

Kinder bewegen sich gerne und viel, in der Schule steht jedoch Stillsitzen auf dem Stundeplan. Die Lernmethode der Psychomotorik setzt dagegen auf Bewegung in allen Unterrichtsfächern. Ob das den Lernerfolg steigert, hat eine neue Studie der Uni Wien untersucht.

Kinder haben immer weniger Platz zum Spielen und Toben. Das ist nicht nur schlecht für ihre körperliche Entwicklung, auch der Lernerfolg dürfte durch den Bewegungsmangel beeinträchtigt werden. Zu diesem Schluss kommen Otmar Weiß und seine Kolleginnen und Kollegen vom Zentrum für Sportwissenschaft der Universität Wien in einer Studie. Sie haben untersucht, inwieweit Kinder zwischen sechs und 14 Jahren von psychomotorischen Lernübungen im Unterricht profitieren.

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Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Journal, 23.03.

Hüpfen, Laufen, Lernen

Die Psychomotorik möchte Freude an der Bewegung und Lernen miteinander verbinden. Als praktisches Beispiel nennt Otmar Weiß Buchstabenübungen, bei denen Kinder das Alphabet mit ihrem Körper nachzeichnen oder Buchstaben abgehen. „Auf dieser Weise lernen die Kinder ganzheitlich, mit mehreren Sinnen gleichzeitig und dann spricht man von effizientem Lernen“, so Weiß.

Kinder in der Turnstunde

APA/ERWIN SCHERIAU

Das sportwissenschaftliche Team hat den Unterricht in einer Volkschulklasse und eine Klasse der neuen Mittelschule drei Jahre lang mit solchen psychomotorischen Interventionen begleitet. In den Kontrollklassen, eine in der Volkschule, drei in der Neuen Mittelschule, gab es klassischen Unterricht.

Mehr Motivation in Versuchsklassen

In den drei Jahren habe sich gezeigt, dass die Versuchsklassen von den psychomotorischen Interventionen profitieren konnten, erklärt Weiß. „Diese Kinder hatten eindeutig Vorteile gegenüber den anderen Kindern, die diese Möglichkeit nicht bekommen haben“, so der Sportsoziologe weiter.

Die Kinder hatten sich die Lerninhalte besser gemerkt und waren motivierter, Neues zu erlernen. Das Klima in der Klassengemeinschaft war insgesamt besser. Es gab weniger Konflikte zwischen Kindern bzw. zwischen Kindern und Lehrenden. Da Kinder einen großen Bewegungsdrang haben, kommt ihnen diese Art des Unterrichts entgegen, sagt Weiß.

Beziehung auf Augenhöhe

Doch die Kinder lernen nicht nur effizienter und werden körperlich fitter, so ein weiterer Schluss der Studie. „Wenn man die Bedürfnisse von Kindern respektiert, und dazu gehört ihr Bewegungsdrang, verändert sich auch die Beziehung zwischen Lehrenden und Kindern“, so Weiß.

Das steigere nicht nur die Lernqualität, die Kinder und Jugendlichen würden so intrinsische Motivation aufbauen. Otmar Weiß sieht die Studienergebnisse als Anlass, das gegenwärtige Schulsystem zu überdenken: Mit Schulnoten zu belohnen und zu bestrafen, sei wesentlich weniger effizient, als innere Motivationsfaktoren über Bewegung zu stärken.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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