Bäume gegen Depressionen

Weltweit ziehen immer mehr Menschen vom Land in Städte. Das wirkt sich auch auf die Psyche aus, denn Städter neigen eher zu Depressionen. Abhilfe könnte laut einer neuen Studie ein einfaches Mittel leisten: mehr Bäume in der Stadt.

Städte sind oft so eng gebaut, dass zwischen den Häusern kein Platz für ein bisschen Grün bleibt. Das kann seelisch krank machen. „Wir wissen, dass Städte ein großer Risikofaktor für die seelische Gesundheit sind. Städte haben auf der ganzen Welt deutlich höhere Raten für Depressionen, Angsterkrankungen und Schizophrenien“, sagte der Psychiater Andreas Meyer-Lindenberg gegenüber science.ORF.at.

Der Leiter des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim geht davon aus, dass auch in Zukunft immer mehr Menschen in Städten wohnen werden. „Erst vor wenigen Jahren hat die Menschheit die Schwelle überschritten, wo mehr Menschen in einer städtischen Umgebung wohnen als in einer ländlichen; bis 2050 werden es zwei Drittel sein.“ Immer mehr Menschen werden dann auch in Städten auf „Natursuche“ sein.

Weniger Stress, weniger Krankheiten

Für die Psyche ist Natur so wichtig, weil sie das Wohlbefinden deutlich verbessert. Sie baut beispielsweise Stress ab, wie US-Forscher vor Kurzem berichteten. Schon 20 bis 30 Minuten pro Tag im Grünen reichen ihnen zufolge, um Stressmarker im Blut zu senken.

Ein Team aus Dänemark fand heraus, dass Kinder, die mit Natur aufwachsen, als Erwachsene zu 55 Prozent seltener psychisch erkranken als Gleichaltrige, die ohne Grün lebten. Welche Art von Natur in der Stadt besonders wohltuend wirkt, hat nun ein Team um Thomas Astell-Burt von der australischen University of Wollongong untersucht.

Stadtpark in Wien: Menschen sitzen auf einer Wiese und genießen die Sonne

APA/AFP/Joe Klamar

Rasen und Büsche helfen nicht

Die Forscher haben dazu Daten von 45.000 Stadtbewohnern und -bewohnerinnen ausgewertet: Angaben zur Wohnungssituation, die Nähe von Grünanlagen sowie psychische Erkrankungen. Fazit: Am besten wirkten sich Bäume auf das seelische Wohlbefinden aus. In Nachbarschaften von Stadtwäldern ist das Risiko von Erwachsenen, unter psychischen Problemen zu leiden, um fast ein Drittel geringer als in Gegenden mit weniger Bäumen. Auch der allgemeine Gesundheitszustand ist in der Nähe von Bäumen besser. Wiesen oder andere Grünflächen – etwa aus Büschen und Sträuchern bestehend – haben diese Wirkung laut der Studie hingegen nicht.

Warum sich Bäume so positiv auswirken, ist nicht ganz klar. Ein – einfacher – Teil der Antwort ist sicherlich der Schatten, den Bäume spenden – im Sommer ein wichtiger Grund, um sich wohlzufühlen. Schon etwas spekulativer ist die größere Biodiversität von Bäumen im Vergleich zu Wiesen: Vögeln beim Singen zuzuschauen kann die Seele ebenso erquicken wie die Geschäfte, denen der eigene Hund nachgeht – und wofür er ebenfalls Bäume braucht.

Wie auch immer, die Forscher sind überzeugt, mit ihrer Studie einen wichtigen Beitrag geleistet zu haben. „Mehr Bäume in der Stadt könnten bedeutende Auswirkungen auf die mentale und allgemeine Gesundheit haben“, sagte Thomas Astell-Burt.

Marie Eickhoff, Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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