Magenschutz kann Allergien auslösen

Seitdem viele Magenschutzmittel rezeptfrei erhältlich sind, ist der Griff zu den Medikamenten einfacher geworden. Die dauerhafte Einnahme wirkt sich allerdings negativ auf die Gesundheit aus, so eine österreichische Studie.

Gegen Sodbrennen, Magendrücken sowie zur Vorbeugung von Gastritis helfen Medikamente, die die Magensäure neutralisieren oder von vornherein verhindern, dass sich zu viel davon bildet. Zu lange oder zu oft sollte man sogenannte Magenschutzmittel aber nicht nehmen. Das legt nun das Ergebnis einer aktuellen österreichischen Studie nahe.

Die Studie

Country-wide medical records infer increasedallergy risk of gastric acid inhibition, Nature Communications (30.7.2019)

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Diesem Thema widmen sich auch das Morgenjournal und die Nachrichten am 31.7.

Dabei haben die Forscherinnen und Forscher acht Millionen Gesundheitsakten in Österreich (97 Prozent der Bevölkerung) im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 analysiert, mit dem Ergebnis: Wer regelmäßig gängige Magenmittel einnimmt, hat ein doppelt so hohes Allergierisiko. Dabei steigt das Risiko, je länger man solche Medikamente zu sich nimmt, erklärt die Studienleiterin Erika Jensen-Jarolim von der Medizinischen Uni Wien. „Während sich bei etwa 20-Jährigen das Risiko, später ein antiallergisches Medikament zu brauchen, auf das Doppelte erhöht, ist es bei den 60- und 70-Jährigen das Fünffache. Also je mehr Magenschutzmittel man im Laufe des Lebens einnimmt, umso höher das Risiko.“ Das lässt sich aus der Anzahl der verschriebenen Magenschutzmittel und Antiallergika in Österreich schließen. Daraus ergibt sich auch: Wer sieben Jahre regelmäßig Magenschutzmittel nimmt, egal welches, ist zu diesem Zeitpunkt zu 37 Prozent auf Medikamente gegen Allergien angewiesen, heißt es in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Nature Communications.

Proteine und Bakterien

Im Normalfall schützt uns der Magen und seine Säure. Er sorgt dafür, dass etwa bestimmte Bakterien nicht in den Darm gelangen. Darüber hinaus zerkleinert die Magensäure Proteine und macht sie so ungefährlich. Magenmedikamente stören diesen Vorgang, erklärt Jensen-Jarolim. „Wenn diese Magenverdauung ausgesetzt ist, dann bleiben Proteine intakt, dann können sie in tiefere Abschnitte gelangen, wo sie sensibilisieren und Allergien auslösen bzw. senken sie beim Allergiker den Schwellenwert, wo Symptome auftreten.“

Kommen wiederum Bakterien in den Darm, die dort nicht sein sollten, kommt es zu einer Fehlbesiedelung mit falschen Bakterien. „Diese Fehlbesiedelung kann das gesamte Immunsystem stören und zu Entzündungen führen. und man weiß, dass es auch bei Allergikern zu einer Fehlbesiedelung im Darm kommt, also möglicherweise sind Magenschutzmittel unter Anführungszeichen hier auch beteiligt.“

Auch Staub- und Pollenallergie

Durch die Medikamente werden vermutlich nicht nur Lebensmittelallergien ausgelöst, so Jensen-Jarolim, sondern auch Pollen- und Hausstauballergie – also Allergien, die die Atemwege betreffen. Die Österreich-Studie geht damit über Ergebnisse früherer Untersuchungen an Mäusen und kleineren klinischen Studien hinaus, so die Medizinerin. „In früheren Studien zeigte sich nur ein Zusammenhang mit Lebensmittelallergien. Die aktuelle Studie zeigt aber, dass der Effekt auch andere symptomatische Therapien umfassen muss, wie etwa respiratorische Allergien.“ Nun brauche es weitere Studien, um den Einfluss auf das Immunsystem genau zu verstehen.

Für Patienten mit Magen- und Verdauungsproblemen bedeutet die Studie: „Man sollte ein Magenschutzmittel einnehmen, wenn es der Arzt verschreibt. Man sollte es aber nicht weiterhin nehmen oder als Arzt verschreiben, wenn der Patient bereits geheilt ist. Oder sich die Medikamente selbst aus der Apotheke holen.“ Zudem hilft es dem Magen auch, auf den Lebensstil zu achten. So können sich unter anderem spätes Abendessen, zu kurze Pausen zwischen den Mahlzeiten, Stress sowie Sport innerhalb von zwei Stunden nach dem Essen auf den Magen schlagen.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft