Forscher fordern Fleischverzicht

Weniger Fleischmahlzeiten und mehr Gemüse in öffentlichen Kantinen - das fordern heute Forscherinnen und Forscher aus Europa und den USA in einem offenen Brief. Ihre Forderung richtet sich vor allem an Städte.

Fleisch, Milchprodukte und andere tierische Lebensmittel haben eine schlechte Klimabilanz. Insgesamt 14 Prozent der weltweiten Treibhausgase werden in der Viehzucht ausgestoßen – so viel wie durch den Verkehr. Der Anbau von Gemüse, Hülsenfrüchten und anderen pflanzlichen Lebensmitteln verursacht zwar ebenfalls CO2, je nach Produkt aber um zehn- bis einhundertmal weniger.

Speiseplan: Mehr Gemüse und Hülsenfrüchte

Um das Klima zu schonen, fordern 65 internationale Forscherinnen und Forscher zusammen mit Greenpeace dazu auf, den Speiseplan in öffentlichen Schulkantinen, Spitälern und Seniorenheimen umzustellen: Das heißt, weniger Tierprodukte, mehr Pflanzliches, erklärt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte für Greenpeace in Österreich. Er sieht den größten Ansatzpunkt beim Fleisch. „Geht man von einer Schule aus, wo es oft nur ein Menü gibt, wäre es wünschenswert, wenn nur an zwei bis drei Tagen in der Woche Fleisch angeboten wird. In sehr großen Institutionen, wo oft drei, vier Menüs am Tag zur Auswahl stehen, sollte vielleicht nur eines davon Fleisch beinhalten.“

Vegetarier oder Veganer müsse wegen des Klimawandels niemand werden, schreiben die Forscher in ihrem Brief. Ziel ist es vielmehr, den Fleischkonsum zumindest auf das von Gesundheitsbehörden empfohlene Maß zu reduzieren. In Österreich wären das maximal 450 Gramm pro Woche. Würden alle hierzulande ihren Fleischkonsum darauf beschränken, könnte man den CO2-Fußabdruck in der österreichischen Landwirtschaft um gut ein Fünftel reduzieren. Das wären laut einem Bericht der Universität für Bodenkultur Wien zwei Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Österreich. „Hier hat aus unserer Sicht die öffentliche Hand eine große umweltpolitische und gesundheitspolitische Aufgabe. Am Beispiel Wien zeigt sich auch, dass der Hebel in großen Städten beachtlich ist. Immerhin stellt die Stadt jeden Tag 100.000 Mahlzeiten in Kindergärten bis hin zu Seniorenheimen zur Verfügung.“

Vorbild Kopenhagen

Vorbild ist für Greenpeace die dänische Hautstadt Kopenhagen. Schon vor einigen Jahren hat man hier in öffentlichen Einrichtungen gänzlich auf Bio-Produkte umgestellt, bei fast gleichbleibendem Preis. "Dafür hat man Fleischspeisen reduziert und es geschafft, Lebensmittelabfall so gut es geht zu vermeiden“, berichtet Theissing-Matei. Dieses Jahr hat die Stadt zudem beschlossen, den CO2-Fußabdruck in öffentlichen Kantinen um weitere 25 Prozent zu reduzieren.

Dass der Brief der Klimaforscher, Biologen bis hin zu Agrarwissenschaftlern heute veröffentlicht wird, ist kein Zufall. Mit dem „Milan Urban Food Policy Pact“ und „C40“ tagen in den nächsten zwei Wochen Vertreter von verschiedenen Städten in Montpellier sowie in Kopenhagen und beraten unter anderem, wie die Lebensmittelversorgung nachhaltig organisiert werden kann. Bei diesen Treffen wollen sich die Wissenschaftler direkt an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wenden, erzählt Theissing-Matei.

Wien ist Mitglied des jungen Städtenetzwerks „Milan Urban Food Policy Pact“, das sich der nachhaltigen Ernährung widmet. „C40“ widerum ist ein Zusammenschluss von 94 Städten, die sich schon länger im Kampf gegen den Klimawandel zusammengeschlossen haben. Bei dem „C40“-Treffen in Dänemark soll nun ebenfall das Thema Ernährung im Vordergrund stehen. Dabei werden auch Vertreter von Städten wie Accra (Ghana), Jakarta, Shanghai bis hin zu New York erwartet.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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