Jährlich 630 Kilometer weniger

Damit die Klimaerwärmung zwei Grad nicht überschreitet, muss der Ausstoß von Treibhausgasen drastisch sinken. Das bedeutet auch deutlich weniger Auto fahren im Alltag. Konkret sind es 630 Kilometer pro Jahr weniger, wie ein Experte ausgerechnet hat.

Wer also heute 10.000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto fährt, sollte im nächsten Jahr nur noch 9.370 Kilometer fahren, im Jahr darauf 8.740 usw. - und in zehn Jahren nur noch 3.700 Kilometer.

Pariser Fahrplan

Das wäre die Konsequenz, würde man die Klimaziele der EU einhalten. Demnach müssten in Österreich vom heutigen Tag an gerrechnet bis zum Jahr 2030 rund acht Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, bis 2050 sind es dann noch einmal weitere 13 Millionen Tonnen. Diesen Zielen hat sich auch die letzte Bundesregierung in ihrer Klimastrategie verschrieben.

Damit will man den CO2-Ausstoß im Verkehr netto auf null reduzieren. Das heißt, es wird nicht mehr CO2 verursacht, als durch Bäume, Moore und Meere gespeichert bzw. kompensiert werden kann, erklärt der Verkehrswissenschaftler Harald Frey von der Technischen Universität Wien. „Das bedeutet einen vollständigen Paradigmenwechsel im Mobilitätssystem. Der größte Hebel liegt dabei im Bereich Pkw. Hier werden zwei Drittel der Emissionen im Verkehrssektor verursacht.“

Jedes Jahr weiter reduzieren

Was die Zielvorgaben der EU nun für den einzelnen Autofahrer, die einzelne Autofahrerin hierzulande bedeuten, hat sich Harald Frey ausgerechnet und sagt: Jedes zugelassene Auto müsste ab jetzt jährlich um 630 Kilometer weniger gefahren werden. „Das ist nicht mit einem Mal erledigt, sondern kumuliert sich, es müssen also jedes Jahr weitere gut 600 Kilometer eingespart werden.“

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 9.12., 7:00 Uhr.

Um klein aber effektiv anzufangen, könnte man fürs Erste nicht weniger, aber zumindest langsamer fahren. Legt man beispielsweise 20 Kilometer auf einer Landstraße mit 70 km/h anstatt der erlaubten 100 zurück, würde man ein Viertel Kilogramm CO2 einsparen. Nach viel klingt das zunächst nicht. Fährt man diese Strecke aber 400 Mal im Jahr, sind das in Summe 100 Kilo CO2. „Damit hätte man die Hausaufgaben im ersten Jahr schon erfüllt. Rechnet man nämlich die rund 600 einzusparenden Kilometer um, bin ich in etwa bei 70 bis 140 Kilogramm CO2, die ich jedes Jahr einsparen muss.“

Auch wer einen Teil der täglichen Arbeitsstrecke beispielsweise mit dem Zug fährt, spart CO2. Legt man beispielsweise sechs von 36 Kilometer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück, spart man pro Tag knapp ein Kilogramm CO2. Im Jahr sind das rund 360 Kilo. „Die Daumenregel besagt, dass mich ein Kilometer mit dem Auto ca. 150 Gramm kostet. Wenn man diesen Wert im Kopf hat, kann man schon mitdenken und sich überlegen, welchen Beitrag zum Klimaschutz man selbst leisten kann.“

Auch E-Autos müssen „sparen“

Auf ein Elektroauto umzusteigen, ändert die Sparbedingungen nur bedingt. Weil in Österreich der Strom zu 30 Prozent aus Gas, Öl und Kohle gewonnen wird, ist das Fahren mit E-Autos nicht CO2-neutral. Es würde die einzusparenden Kilometer aber zumindest auf rund 315 Kilometer pro Jahr halbieren.

Auch die Alternative „Baum pflanzen“ ist rein rechnerisch eine Option, um das Emissionsproblem in den Griff zu bekommen. Läuft alles weiter so wie bisher, müsste allerdings jeder Österreicher, jede Österreicherin zehn Bäume pro Jahr pflanzen, rechnet Frey. Bis 2030 gäbe es dann 800 Millionen Bäume mehr, um die CO2 Emissionen aus dem Verkehr zu kompensieren. Dafür fehlt aber der Platz.

Abgesehen vom individuellen Verhalten ist aber auch die Raumplanung gefragt, Strukturen zu schaffen, in denen sich Menschen klimafreundlich bewegen können, betont Frey. „Es gibt nicht diese einzelne Maßnahme, wo man sagt, wenn wir das machen, wird alles gut. Es braucht ein Bündel an Maßnahmen.“

Trend in Richtung CO2-Anstieg

Allerdings gehe der Trend in die entgegengesetzte Richtung, kritisiert der Forscher. Während in den Bereichen Landwirtschaft und Industrie die Emissionen zurückgehen, werden sie im Verkehr mehr. Seit den 1990er Jahren nahmen sie um 60 Prozent zu. Auch für das Jahr 2019 rechnet der Forscher wieder mit einem Plus. Während es 2016 noch knapp 23 Millionen Tonnen durch Autos, Lkws und Motorräder verursacht wurden, könnten die Emissionen in diesem Jahr auf 24 Millionen Tonnen CO2 geklettert sein.

Das wird sich vermutlich nicht zu schnell ändern, da in den nächsten Jahren weiter intensiv in Straßen investiert werden soll, wie etwa im Burgenland. „In den nächsten fünf, sechs Jahren soll von Bundesebene hier etwa zehnmal so viel für das hochrangige Straßennetz ausgegeben werden, wie für die Schiene. Wir sind also weit weg vom notwendigen Maßnahmenbündel. Das stimmt natürlich etwas pessimistisch.“

Abgesehen davon drohen Österreich zusätzliche Kosten durch die EU, wenn die CO2-Ziele nicht erreicht werden. „Es ist die Frage, ob man jetzt Geld in die Hand nimmt und einmal ein System schafft, das nachhaltiger und kostentransparenter ist und im Nachhinein auch Geld spart.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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