Illustration eines Schwarzen Lochs
Getty Images/Mark Garlick/Science Photo Library
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Physiknobelpreis

Die dunkelsten Geheimnisse des Universums

Der heurige Physiknobelpreis geht zu einer Hälfte an Roger Penrose für sein Modell zu Schwarzen Löchern und zur anderen Hälfte an Reinhard Genzel und Andrea Ghez für die Entdeckung eines supermassiven Objekts. Das teilte die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mit.

Der populäre britische Physiker Roger Penrose (geboren 1931) berechnete als Erster, dass die Formation von Schwarzen Löchern zwangsläufig aus der Allgemeinen Relativitätstheorie folgt. Penrose erfand geniale mathematische Methoden, um Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie zu erforschen, wie das Nobelkomitee mitteilte. Er habe gezeigt, dass diese Theorie zur Bildung von Schwarzen Löchern führt, jenen Monstern in Zeit und Raum, die alles erfassen, was ihnen nahe kommt.

Der deutsche Astrophysiker Reinhard Genzel (geboren 1952) und die US-Astronomin Andrea Ghez (geboren 1965) entdeckten ein kompaktes Objekt im Zentrum unserer Galaxie. Ein supermassives Schwarzes Loch sei dafür die einzige derzeit bekannte Erklärung. Ghez ist erst die vierte Frau, die den Nobelpreis in der Kategorie Physik erhält. „Ich hoffe, ich kann junge Frauen für das Fachgebiet inspirieren“, so Ghez. Dass die junge Generation Fragen stellen und nachdenken kann, sei entscheidend für die Zukunft der Welt. Es gebe noch so viel mehr als Schwarze Löcher zu erforschen.

Einstein zweifelte noch

Die ersten Hinweise auf Schwarze Löcher fand bereits Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie. So recht daran glauben wollte er jedoch nicht. Es war dann Penrose, der 1965 – zehn Jahre nach Einsteins Tod – den Nachweis erbrachte, dass diese mysteriösen massereichen Gebilde Einsteins Theorie zufolge tatsächlich entstehen.

Hintergrundwissen

Schwarze Löcher sind extreme Orte. In ihnen ist die Masse stark zusammengepresst – nichts entkommt ihrer enorm hohen Anziehungskraft. Nicht einmal das Licht dringt nach außen. Sie sind also quasi unsichtbar – was ihnen ihren Namen gab.

Penrose lieferte aber auch eine detaillierte Beschreibung: „In ihrem Herzen verbergen Schwarze Löcher eine Singularität, in der alle bekannten Naturgesetze aufhören“, hieß es seitens des Nobelkomitees, das seinen Artikel aus den 1960er Jahren als „bahnbrechend“ bezeichnete, der nach wie vor als „der wichtigste Beitrag zur Allgemeinen Relativitätstheorie seit Einstein“ gilt.

Im Zentrum der Milchstraße

Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München und Ghez von der University of California in Los Angeles (USA) konzentrierten sich mit ihren Teams Anfang der 1990er Jahre auf das „Sagittarius A*“ (gesprochen: Sigittarius A Stern) genannte Zentrum der Milchstraße, das Radiowellen aussendet. Sie vermaßen die Bahnen der hellsten Sterne in dieser Region sehr genau und zeigten, dass ein extrem schweres, unsichtbares Objekt sie auf große Geschwindigkeit beschleunigt.

Das Zentrum der Milchstraße
AFP/NASA
Zentrum der Milchstraße

Sie zeigten, dass dieses rund 26.000 Lichtjahre entfernte supermassive Objekt rund vier Millionen Sonnenmassen in einem Gebiet nicht größer als unser Sonnensystem konzentriert, und entwickelten dabei Methoden, um durch die riesigen Wolken aus interstellarem Gas und Staub zum Zentrum der Milchstraße zu sehen.

212 Persönlichkeiten ausgezeichnet

Den ersten Physiknobelpreis hatte 1901 der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen erhalten. Seitdem wurden 212 weitere Persönlichkeiten in der Kategorie ausgezeichnet, darunter drei Frauen. Häufig gehen die wissenschaftlichen Auszeichnungen an mehrere Preisträger gleichzeitig, die entweder gemeinsam oder zum selben Fachgebiet geforscht haben. Dotiert sind die Nobelpreise in diesem Jahr pro Kategorie mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro), das ist eine Million Kronen mehr als im Vorjahr.

Im vergangenen Jahr hatte James Peebles (Kanada/USA) für seine grundlegenden Erkenntnisse zur Entwicklung des Universums die eine Hälfte des Physiknobelpreises erhalten. Die andere ging an Michel Mayor und Didier Queloz (beide Schweiz), die den ersten Exoplaneten entdeckt hatten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist.

Die Nobelwoche

Die Woche der Nobelpreisverkündungen hatte am Montag mit der Bekanntgabe der Preisträger in der Kategorie Medizin begonnen. Den Preis teilen sich diesmal Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA), die für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus ausgezeichnet werden.

Am Mittwoch werden die Träger des Chemienobelpreises verkündet. Am Tag darauf folgt die Bekanntgabe des diesjährigen Literaturnobelpreisträgers. Am Freitag wird verkündet, wer den diesjährigen Friedensnobelpreis erhält. Der Reigen endet am Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten Wirtschaftsnobelpreis. Die Preisverleihungen am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamiterfinder Alfred Nobel, fallen coronavirusbedingt diesmal deutlich kleiner aus als sonst.