Spritze und Impfstofffläschchen
Adobe Stock/Daniel CHETRONI
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Coronavirus

Wie Impfstoffzulassung in EU funktioniert

Die Testergebnisse sind vielversprechend, die Pharmafirmen Pfizer und Biontech haben in den USA deshalb bereits eine Notfallzulassung für ihren Coronavirus-Impfstoff beantragt. Auch in Europa läuft seit Anfang Oktober ein Verfahren auf Zulassung – allerdings ein wenig anders.

Eine Notfallzulassung wie in den USA gibt es in Europa nicht. Hier läuft für den Impfstoff von Biontech und Pfizer gerade ein sogenanntes rollendes Überprüfungsverfahren, bei dem die Hersteller seit Anfang Oktober Informationen aus den Impfstoffstudien einreichen. Begutachtet werden die Daten von einem wissenschaftlichen Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, erklärt die Impfstoffexpertin Christina Nicolodi, die in der Entwicklung und Zulassung von biotechnologischen Arzneimitteln tätig ist. „Das Komitee setzt sich zusammen aus Vertretern der einzelnen Mitgliedstaaten, die diese Unterlagen begutachten und auch mit den Firmen über die Datenlage diskutieren. So wird schrittweise die Zulassung aufgebaut.“

Zulassungen USA vs. EU

Die Anforderungen für die Pandemie-Zulassung in der EU sind dabei etwas strenger als in den USA, dafür unter Umständen etwas langsamer. So muss in den USA beispielsweise für mindestens 3.000 Testpersonen, die einen Impfstoff bekommen haben, eine Nachbeobachtungszeit von vier bis sechs Wochen eingehalten werden, bevor der Antrag auf Notfallzulassung gestellt werden kann. Für eine Zulassung in der EU müssen wiederum bei allen beteiligten Testpersonen vier bis sechs Wochen verstrichen sein, nachdem sie die zweite Impfdosis bekommen haben, erklärt Nicolodi. „Diese Nachbeobachtung dient einerseits der Sicherheit, weil man innerhalb von den ersten sechs Wochen bereits sogenannte impfstoffassoziierte Nebenwirkungen erkennen kann. Zudem kann man hier bereits Rückschlüsse ziehen, wie lang der Impfstoff wirkt.“

Nachdem laut Pfizer die letzten Testpersonen Mitte November ihre zweite Impfdosis bekommen haben, könnten die allerletzten Daten demnach Mitte, Ende Dezember bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA eingebracht werden. Sind alle Unklarheiten ausgeräumt, erlässt die Behörde einen positiven Bescheid. Zugelassen wird der Impfstoff dann von der Europäischen Kommission für alle Mitgliedsstaaten der EU. Wie schnell das geht, wird sich zeigen, so Nicolodi. „Es gibt noch wenig Erfahrung mit dem rollenden Verfahren in der EU. Aber eben weil es ein rollendes Verfahren ist, werden die Daten bereits laufend begutachtet und der eigentliche Antrag, sobald alle Daten da sind, ist nur noch ein formeller Prozess. Das heißt, in wenigen Wochen könnte da tatsächlich eine Zulassung erfolgen.“

Lizenz nicht gleich Ende von Studien

Nach der Zulassung geht die wissenschaftliche Beobachtung aber noch weiter. Einerseits wird weiter untersucht, ob es bei den Testpersonen im kommenden Jahr zu Impfstoffnebenwirkungen kommt. „Hier werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, ein Nebenwirkungs-Tagebuch zu führen, um feststellen zu können, ob es Langzeitnebenwirkungen geben könnte, die auf den Impfstoff zurückzuführen sind.“ Auch die Langzeitwirkung wird immer wieder überprüft, etwa indem man misst, ob geimpfte Personen immer noch Abwehrstoffe im Blut haben.

Darüber hinaus werden neue Studien gestartet. Sie sollen mögliche seltene Nebenwirkungen in der Bevölkerung aufdecken und helfen, die Wirksamkeit in unterschiedlichen Gruppen, etwa bei Älteren oder Menschen mit Vorerkrankungen im Auge zu behalten. „Man versucht zwar schon in der Phase-3-Studie möglichst unterschiedliche Testpersonen in der Studie einzuschließen. Allerdings gibt es trotzdem nur beschränkt Beteiligte, die beispielsweise Diabetes, HIV oder sonstige Erkrankungen haben. Ob es hier doch zu seltenen Nebenwirkungen oder anderen impfstoffassoziierten Wirkungen kommen kann, kann man erst beurteilen, wenn man mehr Daten hat, und dafür braucht es diese Nachuntersuchungen.“

Auch zum Impfstoff von Moderna läuft bereits eine „rolling review“ – diese wurde am 16. November gestartet.