Waldboden und Bäume
APA/ROBERT JAEGER
APA/ROBERT JAEGER

Kaum Maßnahmen zur Prävention von Waldbränden

"In Österreich werden derzeit kaum Maßnahmen zur Waldbrandprävention umgesetzt“, warnt Experte Harald Vacik in einem Bericht des Bundesforschungszentrum für Wald (BFW). Notwendig wären eine bessere Risikoabschätzung der gezielte Schutz gefährdeter Wälder.

Im Herbst hat es in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau a.d. Rax (NÖ) den laut Einsatzkräften bisher größten Waldbrand in Österreich gegeben. 115 Hektar waren von dem Feuer betroffen. Auch wenn die Größe außergewöhnlich war, war der Brand kein Einzelfall: Derzeit treten in Österreich etwa 250 Waldbrände pro Jahr auf, wobei 85 Prozent direkt oder indirekt durch den Menschen ausgelöst werden, etwa durch weggeworfene Zigaretten, und 15 Prozent durch Blitzschläge, schreiben Harald Vacik vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien und sein Kollege Mortimer Müller in dem Beitrag.

Die meisten Waldbrände würden sich in Niederösterreich, Tirol, der Steiermark und Kärnten ereignen, wobei in den alpinen Landesteilen häufig Schutzwälder betroffen seien. Der Großteil der Ereignisse seien kleinflächige Schwelbrände und Bodenfeuer geringer Intensität mit einer Brandfläche von weniger als 0,3 Hektar, größere Brände mit Flächen von mehr als 30 Hektar würden im Schnitt alle fünf Jahre auftreten.

Bessere Risikoabschätzung

Als „besonders wichtig“ erachten die Experten in ihrem Beitrag „eine verbesserte Abschätzung der Waldbrandgefahr und des Waldbrandrisikos und gezielte Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Schutzwälder, um die Bewaldung sicherzustellen und Naturgefahren zu vermeiden“. Es gebe zwar den „Waldbrandgefährdungs-Index“ der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), der rein auf Basis meteorologischer Daten wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag oder Windgeschwindigkeit berechnet werde. Dieser habe aber „seine Schwächen, weil er Situationen, wie wir sie etwa im Herbst in Hirschwang hatten, nicht gut abdecken kann, da die Lufttemperatur – als ein Einflussfaktor auf die Waldbrandgefahr – in dieser Jahreszeit keine so große Rolle spielt“ sagte Vacik.

Dem Index zufolge sei man damals nur im mäßigen Gefahrenbereich gelegen. Kombiniert mit den „Informationen, dass es sich um einen Kieferwald auf einem Südhang und dieser Streuzusammensetzung handelt, hätte man die lokale Gefährdungssituation ganz anders eingeschätzt“. Dazu brauche es verbesserte Grundlagen wie Informationen über die Vegetation, Topographie und Entzündungsgefahr etwa durch erhöhte menschliche Aktivität in einer Region. Vacik arbeitet mit seinem Team seit einiger Zeit an einem neuartigen, integrierten System zur Abschätzung der Waldbrandgefährdung in Österreich, das solche Informationen miteinbezieht. Der Prototyp ist derzeit für Experten zugänglich.

Zielgerichtete Maßnahmen

Vacik fehlen hierzulande auch „zielgerichtete waldbauliche Maßnahmen zur Waldbrandvermeidung oder zur Senkung des Waldbrandrisikos, wie beispielsweise eine geänderte Baumartenwahl und angepasste Pflegemaßnahmen“. Vacik: „Feuer fängt immer am Boden an und da hängt viel von der Streuzusammensetzung ab.“ Ändere man die Artenzusammensetzung des Waldes, ändere das langfristig auch die Streuzusammensetzung, die sich je nach Mischung von Laub- und Nadelstreu unterschiedlich leicht entzünden könne. Das Thema „Waldbrand“ komme als Motivation für eine Anpassung der Baumartenzusammensetzung des Waldes aber nur nachgereiht vor. Derzeit treiben eher andere Faktoren wie Windwürfe, Borkenkäfer und der Klimawandel die Anpassungsmaßnahmen.

Abstimmung mit Naturschutz

Notwendig erachtet Vacik auch eine Abstimmung mit Naturschutzaktivitäten, werde doch etwa die Anreicherung von Totholz im Wald als wichtige Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität gesehen. In Risikogebieten mit erhöhter Waldbrandgefahr könnte es aber auch kontraproduktiv sein, einen höheren Totholzanteil zu haben, da die Brennstoffmenge erhöht wird und damit die Intensität von Bränden – „hier muss man abwägen“.

Im Alpenraum gewinne auch das sogenannte „Wildland-Urban-Interface“ immer mehr an Bedeutung, also die zunehmende Verzahnung zwischen Wald und Siedlungsräumen. „Je näher wir mit Infrastrukturen, Siedlungen und einzelnen Häusern zum Wald rücken, umso höher ist die Herausforderung für Feuerwehren, für deren Schutz zu sorgen“, sagte Vacik. Aus zahlreichen internationalen Studien wisse man, dass hier Vorsorgemaßnahmen notwendig seien, damit ein Feuer nicht übergreifen kann, etwa durch entsprechende Gestaltung von Gärten und Häusern. „Damit beschäftigt man sich in Österreich aber noch gar nicht“, so der Experte.

Waldbrände sind aber nur eine von vielen Bedrohungen, denen die heimischen Schutzwälder heute ausgesetzt sind, wie der Bericht des BFW zeigt. Vor allem der „Klimawandel in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, wie Extremniederschläge, Trockenheit oder einer Zunahme von Störungen, bedeutet eine massive Bewährungsprobe“ für die Schutzwälder, heißt es in dem Papier. Darin werden u.a. wissenschaftliche Studien zu verschiedenen Themen, wie Saatgut-Herkunftsversuche, Bodenchemie, Wasserhaushalt, Entwicklung nach Störungen oder die Erhebung flächendeckender Daten zum Schutzwald, z.B. über die Waldtypisierung, als dringend notwendig erachtet.