Prionen helfen Pflanzen beim Sicherinnern

Auch Pflanzen haben eine Art Gedächtnis - etwa um zu wissen, wann sie blühen müssen. Wie das funktioniert, ist allerdings weitgehend unklar. Prionen könnten ihnen beim Sicherinnern helfen, so die überraschende These von US-Forschern.

Prionen haben keinen besonders guten Ruf. Bekannt wurden die besonderen Proteine nämlich als Krankmacher, sie lösen Rinderwahnsinn (BSE), Creutzfeld-Jakob (CJD) und andere neurodegenerative Erkrankungen aus.

Anders als andere Eiweiße können sie spontan ihre Gestalt ändern, in dieser fehlgefalteten Form andere Proteine anstecken und so ihre zerstörerische Wirkung entfalten. 1982 hat Stanley Prusiner erstmals die Existenz dieser "Proteinaceous infectious particles“ („Prion“) in den Raum gestellt - 1997 erhielt er für seine später bestätigte Vermutung den Nobelpreis.

Nicht nur „böse“

Was viel weniger bekannt ist: Die vermeintlich „bösen“ Eiweißklumpen machen nicht nur krank, sondern nutzen auch dem gesunden Organismus, denn sie verbreiten und speichern Informationen. 2003 fand der aus Österreich stammende Nobelpreisträger Eric Kandel bei der Meeresschnecke Aplysia ein mit der Langzeiterinnerung in Verbindung stehendes Protein, das sich in gewisser Hinsicht wie ein Prion verhält.

Es sitzt in den Synapsen des Zentralnervensystems - also in den Verbindungsstellen der Neuronen - und synthetisiert andere Proteine, die für die Bildung neuer Synapsen wichtig sind - durch diesen biochemischen Prozess werden Erinnerungen dauerhaft gespeichert. Bei anderen Tieren wie Fröschen, Fruchtfliegen und Mäusen konnte ein vergleichbarer Gedächtnis-Mechanismus bereits nachgewiesen werden. Man nimmt an, dass auch der Mensch Erinnerungen auf ähnliche Weise bewahrt.

Pflanzengedächtnis

Auch Pflanzen besitzen eine Art Gedächtnis: Dass der Winter zu Ende geht, erkennen sie unter anderem an der Temperatur und der Tageslänge. Sie können auch zwischen einzelnen kalten Tagen und der kalten Jahreshälfte unterscheiden. Und sie erinnern sich rechtzeitig, wann es wieder Zeit wird zu blühen.

Wie sie diese Erinnerungen allerdings abgespeichert haben, ist nicht klar; pflanzliche Organismen haben - so viel man weiß - nämlich kein Nervensystem. D.h., Pflanzen müssen das irgendwie biochemisch - mit Hilfe von Proteinen - bewerkstelligen. Das hat die Forscher um Sohini Chakrabortee vom Whitehead Institute for Biomedical research (MIT) auf die Idee gebracht, dass auch hier Prionen am Werk sein könnten.

Ob die speziellen Eiweiße in Pflanzen überhaupt vorhanden sind, wurde bisher nicht untersucht. Also suchte das Team vorerst systematisch nach prionenartigen Proteinen, und zwar in der Modellpflanze Arabidopsis (Ackerschmalwand). Bei über 400 Proteinen wurden sie tatsächlich fündig.

Eines davon - Luminidependens - zeigte bei Experimenten mit Hefen ein typisches prionenartiges Verhalten - denn es bewirkte stabile Veränderungen in der Umgebung. Das Protein steuert bekanntermaßen die Blühphasen. Den Forschern zufolge könnten die prionenähnlichen Eigenschaften der Pflanze helfen, sich langfristig an den Winter zu erinnern und so zeitgerecht zu blühen, und das über Generationen hinweg.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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