Warum tiefe Männerstimmen sexy sind

Von Barry White bis Johnny Cash (und neuerdings: Henning May): Tiefe Männerstimmen gelten als sexy. Laut einer neuen Studie vermuten Frauen dahinter attraktivere Menschen - Männer hingegen dominantere Typen.

Das konnten Forscher um David Puts von der Pennsylvania State University (USA) in einem Experiment zeigen.

Attraktivität in der Biologie

Auch wenn es Menschen geben soll, die nicht nur auf die Stimmhöhe ihrer Gesprächspartner achten, sondern auch auf den Inhalt des Gesagten: Für Biologen spielt das eher eine untergeordnete Rolle. Sie untersuchen, wie sich Stimmlagen auf die Empfindung von Attraktivität auswirken.

Die Studie

„Sexual selection on male vocal fundamental frequency in humans and other anthropoids“, „Proceedings of the Royal Society B“, 27.4. 2016

Die Idee dabei: Die Stimme verrät etwas über den Körperbau und damit über die genetische Fitness ihres Trägers bzw. ihrer Trägerin. Und bei Attraktivität geht es in der Biologie immer um die Aussicht, gemeinsam Nachwuchs zu zeugen und aufzuziehen. In diesem Sinne ist auch die aktuelle Studie der Forscher um David Puts zu verstehen. Sie zeichneten die Stimmen von 258 Frauen und 175 Männern auf und ließen heterosexuelle Probanden darüber urteilen.

Ergebnis: Tiefe Männerstimmen wirken sich auf Geschlechtsgenossen einschüchternd aus, sind für Frauen aber anziehend – wobei der erste Effekt stärker ausgeprägt ist als der zweite. Zudem fiel den Wissenschaftlern auf, dass es einen Zusammenhang zwischen den Stimmlagen von Männern und ihrem Hormonlevel bei Cortisol und Testosteron gibt.

Bei Frauenstimmen fanden die Wissenschaftler hingegen keine bestimmte Frequenz, die als besonders attraktiv wahrgenommen wird. Es gab auch keinen hormonellen Zusammenhang. Dies steht im Gegensatz zu früheren Studien, die gezeigt hatten, dass Frauen mit zarteren Stimmen für besonders attraktiv gehalten werden.

Die Annahme, dass die männliche Art des Sprechens bestimmte Funktionen erfüllt, ist nicht neu. In früheren Studien wurde gezeigt, dass Frauen sich tiefe Stimmen besser merken können. Außerdem waren Hörer verschiedenster Kulturen in der Lage, von der Sprache auf die Stärke eines Mannes zu schließen.

Auch andere Primaten untersucht

Die Wissenschaftler um David Puts hörten zudem bei 1.721 Primatenlauten genauer hin. Dabei festigte sich die Annahme, dass vor allem intrasexuelle Selektion - also das Durchsetzen gegen das eigene Geschlecht - ein Grund für die unterschiedlichen Stimmhöhen sein könnte. Die hörbaren Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind demnach größer, wenn die Männchen einer bestimmten Art polygam leben und nur einige wenige zum Zug kommen.

Beim Menschen deuten Evolutionsmerkmale wie die Verkleinerung der Eckzähne eigentlich daraufhin, dass der Selektionsdruck eher abgenommen hat. Die Forscher waren deshalb überrascht, dass die Menschen die stärksten geschlechtlichen Stimmunterschiede aller untersuchten Arten hatten. Daraus schließen die Wissenschaftler unter anderem, dass Menschen wohl nicht als grundsätzlich monogam angesehen werden sollten und stärker polygam orientiert sind als angenommen.

Monogame Strukturen beim Menschen und ihre Wurzeln sind bereits in zahlreichen Studien untersucht worden. So sind monogame Gesellschaften besser vor Geschlechtskrankheiten geschützt, die Beziehungen sind weniger konfliktreich und mitsorgende Väter ermöglichen eine bessere Versorgung des Nachwuchses. Auch die Wahlmöglichkeit der Frau bei der Partnersuche förderte wohl die Monogamie.

science.ORF.at/dpa

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