Warum Eis auf Wasser schwimmt

Wasser dehnt sich beim Abkühlen unter vier Grad Celsius aus und ist gefroren weniger dicht als in flüssiger Form: Deshalb schwimmt Eis auf Wasser. „Dichte-Anomalie“ nennt das die Physik. Wiener Forscher haben nun deren Grundlagen geklärt.

Eine wichtige Rolle spielen die Van-der-Waals-Kräfte, die zwischen den H2O-Molekülen wirken, berichtet eine internationale Gruppe um Christoph Dellago von der Universität Wien in einer neuen Studie.

Anomal und lebenswichtig

Wasser ist die wohl wichtigste Substanz auf der Erde – es bestimmt ihr Klima, formt Landschaften und ermöglicht Leben – und hat viele ungewöhnliche Eigenschaften. Bei den meisten Stoffen nimmt die Dichte zu, wenn man die Temperatur senkt. Kühlt man jedoch H2O ab, zieht es sich erst zusammen, um sich dann bei Temperaturen unterhalb von vier Grad wieder auszudehnen.

Die „Dichte-Anomalie“ und andere seltsame Qualitäten von Wasser beruhen auf seiner Fähigkeit, Wasserstoffbrückenbindungen auszubilden. Dies sind Wechselwirkungen zwischen einzelnen Molekülen, die das dreidimensionale Wassernetzwerk zusammenhalten.

Der im Vergleich mit anderen Flüssigkeiten hohe Schmelz- und Siedepunkt von Wasser lässt sich beispielsweise darauf zurückführen, dass bei Wasser mehr Energie benötigt wird, die Wasserstoffbrücken aufzubrechen. Wie die molekularen Mechanismen aussehen, die den Wasser-Anomalien zugrunde liegen, haben die Forscher nun mit Hilfe von Computersimulationen untersucht.

„Es stellte sich heraus, dass Van-der-Waals-Kräfte eine entscheidende Bedeutung haben: Diese schwachen Wechselwirkungen, die es beispielsweise Geckos ermöglichen, an glatten Oberflächen zu haften, beeinflussen das Netzwerk der Wasserstoffbrücken und sind für den Dichteunterschied zwischen Eis und flüssigem Wasser verantwortlich. Dieser Dichteunterschied wiederum sorgt dafür, dass Eis auf der Wasseroberfläche schwimmt“, erklärt Christoph Dellago in einer Aussendung.

Ein Eisberg in der Arktis

Associated Press

Eisberg in der Arktis

Simulation hat Gehirn als Vorbild

Die Simulationsmethode der Forscher stammt nicht aus der Physik, sondern aus der Neurowissenschaft: Sie basiert auf künstlichen Netzen von Nervenzellen. Die verwendeten Algorithmen haben den Signaltransfer im Gehirn zum Vorbild – und dementsprechend eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten.

Die Wissenschaftler „trainierten“ die neuronalen Netze mit Ergebnissen quantenmechanischer Rechnungen und modellierten so die Wechselwirkungen zwischen den Wassermolekülen.

Die Rechenmethode sei sehr effizient, betonen die Forscher. Dennoch seien aufwändige Simulationen am Hochleistungsrechner Vienna Scientific Cluster nötig gewesen, um die Ergebnisse zu erhalten.

science.ORF.at

Mehr zu dem Thema: