Artenschwund: Die Grenze ist überschritten

Viele Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht oder sind bereits verloren. Zu viele, meint eine neue britische Studie: Auf 58 Prozent der Erdoberfläche sei die Artenvielfalt gefährlich reduziert.

Man geht davon aus, dass die Natur 10 Prozent weniger Tier- und Pflanzenarten gerade noch verkraften könne – das sei eine „sichere Grenze“, sagt der britische Biowissenschaftler Tim Newbold.

Doch hat seine Analyse von 2,3 Millionen Datensätzen ergeben, dass in großen Teilen der Erde diese Grenze bereits überschritten ist: „Wir schätzen, dass 14 Prozent der gesamten Artenvielfalt, die wir in der Natur finden würden, bereits verschwunden ist.“

Aus der Balance

Das ökologische Gleichgewicht ist empfindlich und braucht die verschiedenen Spezies, um intakt zu bleiben - seien es Tierarten wie Bienen, die als Bestäuber für die Landwirtschaft arbeiten oder Pflanzen, die uns als Nahrung dienen und Sauerstoff liefern.

Stirbt beispielsweise eine Pflanze aus, von der sich eine bestimmte Insektenart ernährt, ist auch diese in ihrem Bestand gefährdet, sagt Newbold im Gespräch mit science.ORF.at: „Die Artenvielfalt unterstützt viele wichtige Funktionen in unserem Ökosystem, etwa die Blütenbestäubung, die Zersetzung des Abfalls sowie die Regulation des globalen Kohlenstoffkreislaufes“

Schuld am Artensterben sei vor allem der Mensch: Straßen werden gebaut, Wälder gerodet und der Boden überdüngt. Am stärksten betroffen sind laut Analyse Wiesen, Steppen, Savannen, Prärien in Westeuropa und Nordamerika, aber auch in den Tropen werden die Arten weniger.

Zudem gibt es auch einen Zusammenhang zwischen der Weltbevölkerung und dem Verlust der biologischen Vielfalt: „Im Durchschnitt sind mehr Menschen dort, wo es landwirtschaftliche Nutzflächen gibt. Die Artenvielfalt wird weniger, je mehr Menschen in einem bestimmten Teil der Welt leben.“

Forderung: Mehr natürlicher Lebensraum

Derzeit werden Aktionen, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen, nur mangelhaft koordiniert, steht in Newbolds Studie zu lesen - obwohl man sich wiederholt internationale Ziele gesetzt hat (Stichwort: Internationale Biodiversitäts-Konvention, Biodiversitätsstrategie der EU, etc.)

Um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen, sind laut Forschern folgende Aktionen notwendig: Wiederherstellen von natürlichem Lebensraum, Reduzieren der Belastungen durch den Menschen wie z.B. Abholzen, Umweltverschmutzung und das Vermeiden von eingeschleppten Tieren und Pflanzen.

Nicole Lipp, Ö1-Wissenschaft

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