Versteckter Partner der Flechten entdeckt

Flechten sind klassische Symbiosen von Pilzen und Algen bzw. Cyanobakterien: So steht es im Lehrbuch. Stimmt nicht, sagen nun Grazer Forscher. Bei einigen der häufigsten Flechtenarten gibt es einen dritten Partner: einen Hefepilz.

„Wir müssen nun von Neuem untersuchen, wie Flechten entstehen und wer welche Funktionen in der Gemeinschaft übernimmt“, erklärt Toby Spribille vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Graz. Mit einem internationalen Forscherteam hat er soeben eine Studie veröffentlicht, die das Lehrbuchwissen in Frage stellt.

Giftig oder ungiftig?

Ihren Ausgang nahm die Entdeckung beim Vergleich zweier eng verwandter Bartflechten aus Montana in den USA: Bryoria fremontii und Bryoria tortuosa. Während die eine für Säugetiere giftig ist, wird die andere (B. fremontii) von den Einheimischen als Nahrungsmittel verwendet.

Um den Unterschied zu erklären, untersuchten die Grazer Forscher die beiden Arten genauer und fanden zahlreiche Spuren im Erbgut, die auf einen Hefepilz hinwiesen. In B. tortuosa waren die Gene der Hefe noch häufiger zu finden: „Und zwar nicht statt sondern neben jenen der bisher bekannten Flechtenpilze “, schildert der Evolutionsbiologe und Studienmitarbeiter Philipp Resl von der Uni Graz.

Wolfsflechte

Tim Wheeler

Wolfsflechte: eine der von den Forschern untersuchten Arten

Bei weiteren Genanalysen von Arten aus mehr als 50 ähnlichen Flechtengattungen aus sechs Kontinenten ist das Team auf noch andere hefeartige Abstammungslinien gestoßen. „Wir können die gesamte Diversität in dieser Gruppe noch gar nicht abschätzen. Wie es aber aussieht, sind diese Hefepilze sehr stark auf verschiedene Flechtenarten spezialisiert“, so Resl.

Mehr als Parasiten

Mithilfe einer bestimmten Laser-Mikroskopie zeigte sich schließlich, dass die Hefezellen in die äußere Schicht vieler Flechten tief eingebettet sind. Das lege nahe, dass sie für ihre Bildung von entscheidender Bedeutung sind. „Das ist mehr als Parasitismus. Es muss einen gegenseitigen Vorteil für die gesamte Flechte geben. Wir wissen jedoch noch nicht, welchen - und sie geben ihr Geheimnis nicht so einfach preis “, schilderte der Grazer Wissenschaftler.

Mit rund zehn Experten befindet sich in Graz eine der europaweit größten Lichenologengruppen. Sie arbeitet seit den 1970ern an mehreren Aspekten der Flechtensymbiose, besonders an Fragen der Biodiversität, Biologie und Evolution dieser Lebensform. In der aktuellen Studie arbeitete sie zusammen mit Kollegen von der University of Montana in den USA und der Uppsala University in Schweden.

science.ORF.at/APA

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