Auf den Spuren der Schockwelle

Mit freiem Auge sind sie kaum zu erkennen, doch sie bedecken die Erdoberfläche zu Hunderten: Auch heutzutage entdecken Wissenschaftler immer wieder neue Meteoritenkrater - Forscher aus Wien wurden kürzlich fündig.

Insgesamt 188 Meteoritenkrater wurden auf der Erde bisher entdeckt. Alleine drei Zeugen des kosmischen Bombardements aus längst vergangenen Zeiten hat der französische Impakt-Forscher Ludovic Ferriere nachgewiesen. Ferriere ist Chefkurator der Gesteinssammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) in Wien. Die von ihm entdeckten Krater liegen in Finnland, Schweden und in einem entlegenen Gebiet in der Demokratischen Republik Kongo.

Aufgrund der Verwitterung über viele Millionen Jahre ist von vielen Meteoriteneinschlägen nahezu nichts mehr zu sehen. Der wichtigste sichtbare Beweis dafür, dass sich in einem bestimmten Gebiet ein solches Ereignis tatsächlich ereignet hat, sind sogenannte Strahlenkegel.

Diese oft konisch geformten Gesteinsdeformationen sind von sehr charakteristischen feinen Bruchstellen durchzogen. Sie entstehen durch die enorme Schockwelle, die sich in Folge der Explosion nach dem Einschlag durch das umliegende Gestein bewegt. „Diese Schockwelle verändert das Gestein. Dazu braucht es allerdings sehr hohe Drücke“, erklärt Ferriere.

Rekonstruktion: Wie groß war der Krater?

Wie genau die Strahlenkegel gebildet werden, war bisher nicht vollständig geklärt. In jahrelanger Feldforschungsarbeit hat Ferriere nun mit einem kanadischen Kollegen solche Kegel in verschiedenen Weltregionen anlysiert. Außerdem durchforsteten die beiden tausende wissenschaftliche Publikationen.

„Auf Basis all dieser Informationen verstehen wir jetzt besser, wie sie geformt werden“, sagte der Geologe. Die besonderen Bruchstrukturen, von denen man übrigens einige Exemplare im Meteoritensaal des NHM besichtigen kann, werden durch die Ablenkung der Schockwelle an einzelnen Körnern oder Defekten im Gestein geformt.

Auf Basis der Analysen war es den Forschern auch möglich, eine neue Methode für die Abschätzung der wahrscheinlichen Kratergröße zu entwickeln. Wie die beiden im Fachblatt „Science Advances“ berichten, können sie nun mit Hilfe einer Formel bestimmen, wie groß der Einschlag ursprünglich war - auch wenn sonst keine sichtbaren Spuren mehr vorhanden sind. Ferriere: „Es ist zwar immer noch eine Schätzung, aber jetzt lassen sich gesicherte Aussagen treffen.“

Für den vor rund 200 Millionen Jahren entstandenen Krater von Rochechouart-Chassenon in Frankreich ergab sich nun beispielsweise eine Mindestgröße von 32 Kilometern Durchmesser. Bisher gingen die meisten Wissenschaftler von lediglich 23 Kilometern aus. „Das ist ein großer Unterschied“, sagt Ferriere. „Denn je größer der Einschlag, desto verheerender waren die Auswirkungen auf Flora und Fauna zu dieser Zeit.“

science.ORF.at/APA

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