Kometenstaub unter dem Mikroskop

Seit zwei Jahren kreist die Raumsonde Rosetta um den Kometen „Tschuri“. Nun liegen erstmals detaillierte Ergebnisse über die Zusammensetzung des Kometenstaubs vor: Aus diesem Stoff entstand vor Jahrmilliarden auch die Erde.

Der gängigen Theorie zufolge entstand das Sonnensystem aus einer riesigen Molekülwolke. Das Gros des Materials ballte sich im Zentrum zur Sonne zusammen, der Rest formte eine sogenannte protoplanetaren Scheibe. Darin entstanden durch Kollisionen immer größere Objekte, die im Laufe der Zeit zu Planeten, Asteroiden und Kometen heranwuchsen. „Es besteht die Hoffnung, dass sich dieses ursprüngliche Material in Kometen tiefgekühlt unverfälscht erhalten hat“, erklärt Mark Bentley vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften.

Blick in die Urzeit des Sonnensystems

Um herauszufinden, wie das frühe Sonnensystem und Kometen entstanden sind, müsse man „die Struktur der kleinsten Körner erforschen und verstehen, wie diese gebildet wurden“, sagt Bentley. Er ist wissenschaftlicher Leiter des MIDAS-Experiments, bei dem Forscher Staubkörner des Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ (aka „Tschuri“) nun mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops unter die Lupe genommen haben.

3-D-Animation: Reise durch die Mikrowelt des Kometenstaubs

Ähnliches hatten bereits frühere Missionen versucht, dies jedoch mit widersprüchlichen Ergebnissen. Die NASA-Sonde Stardust etwa hatte gezeigt, dass Kometenstaub aus Partikeln besteht, deren Durchmesser weniger als einen Mikrometer beträgt. Erste Messungen auf „Tschuris“ Oberfläche hatten ergeben, dass die Teilchen bedeutend größer sein könnten.

Staubige Hierarchien

Wie die Forscher um Bentley nun im Fachblatt „Nature“ berichten, ist der Widerspruch nur ein scheinbarer. Die Bausteine des Kometenstaubs sind in der Tat äußerst kleine Partikel. Doch diese lagern sich von selbst aneinander und bilden unter anderem größere längliche Körnchen.

Sternenstaub ist also offenbar hierarchisch aufgebautes Material. Genau das hatte ein Modell des Astrophysikers Mayo Greenberg bereits in den 1980ern vorausgesagt: Um Planeten oder Kometen bilden zu können, müssen die kleinen Staubpartikel zunächst auf mikroskopischen Skalen zueinander finden - und dann schrittweise zu immer voluminöseren Objekten heranwachsen.

Die Messungen gelten zwar streng genommen nur für „Tschuri“, gleichwohl spricht manches dafür, dass auch das Rohmaterial der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren auf ähnliche Weise entstanden ist. Zu dieser Zeit erhielt übrigens auch „Tschuri“ seine heutige Form: Messungen mit Rosettas Osiris-Kamera weisen darauf hin, dass der Komet vor 4,5 Milliarden Jahren aus einer Kollision zweier Himmelskörper entstanden ist.

science.ORF.at/APA

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