US-Wähler: Unabhängiger, aber extremer

Hillary Clinton oder Donald Trump, liberal oder konservativ - das sind die Optionen bei der US-Präsidentschaftswahl am 8. November. Dabei bekennen sich immer weniger Amerikaner zu einem Lager: Fast die Hälfte aller Wähler deklariert sich als unabhängig.

Tolerant und offen, aber auch narzisstisch, misstrauisch und ängstlich sollen sie sein: die Vertreterinnen und Vertreter der sogenannten Generation Y, auch Millennials genannt. Wie schon die Generationen davor, müssen die heute 18- bis 30-jährigen mit solchen Zuschreibungen leben. Auch wenn viele davon nicht ganz so pauschal gelten dürften, gewisse Trends lassen sich aber tatsächlich systematisch erheben - die US-Psychologin Jean Twenge hat der „Generation Me“ gleich ein ganzes Buch gewidmet.

In einer neuen Studie beschäftigt sie sich nun mit den politischen Ansichten der jungen Erwachsenen. Dafür hat sie Fragebögen von zehn Millionen US-Bürgern ausgewertet. Demnach bezeichnete sich 2014 schon fast die Hälfte (46 Prozent) aller Erwachsenen als politisch unabhängig. Bei den 18- bis 30-jährigen sind es sogar 59 Prozent. Twenge hat auch eine Erklärung für den Trend: „In einer zunehmend individualistischen Welt werden große Gruppierungen wie eben die Parteien immer uninteressanter.“

Starke Polarisierung

Unabhängig heißt aber nicht notwendigerweise gemäßigt, so Twenge. Die politischen Ansichten hätten sich in den vergangenen Jahren stark polarisiert: 2010 bezeichneten sich doppelt so viele Personen als extrem liberal oder extrem konservativ wie in den frühen 1970ern.

Jene Menschen, die sich immer noch den Großparteien zugehörig fühlen, sind laut Twenge hingegen heute viel homogener: Früher gab es demnach auch innerhalb der beiden Parteien ein breites Spektrum von liberal bis konservativ. Heute sind die meisten Republikaner tatsächlich konservativ und Demokraten eben liberal.

Jung und konservativ

Zudem ortet Twenge einen Hang zum Konservativen unter den ganz Jungen: Viele Maturanten im Jahr 2010 deklarieren sich als eher konservativ, nämlich um 38 Prozent häufiger als Gleichaltrige der frühen 1970er Jahre. Das sei etwas überraschend, wie die Psychologin findet. Denn viele ihrer Ansichten klingen gar nicht so konservativ.

„Wenn immer mehr junge Menschen für die gleichgeschlechtliche Ehe plädieren und Marihuana legalisieren wollen, ist es eigenartig, dass sich gleichzeitig so viele als konservativ bezeichnen“, meint Twenge in einer Aussendung. Möglicherweise erfinden sie den Konservativismus gerade neu. „Insgesamt sind die Millennials jedenfalls weniger liberal bzw. demokratisch als erwartet, noch dazu werden sie mit zunehmendem Alter vermutlich noch konservativer werden.“

Eva Obermüller, science.ORF.at

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