Österreicher wollen Fahrzeug auf den Mond bringen

Vielleicht stammt das erste private Fahrzeug, das auf dem Mond fährt, von einem Berliner Unternehmen – mit starker österreichischer Beteiligung. Bereits Ende 2017 könnte es im Rahmen eines von Google ausgelobten Projekts so weit sein.

„Zuerst wurden wir als verrückte Jungs aus der Garage betrachtet“, mittlerweile handelt das Berliner Unternehmen PTScientists mit der NASA und der Firma SpaceX einen Raketenstart aus, so der aus Österreich stammende technische Leiter, Jürgen Brandner.

Der Auslöser für ihre mittlerweile weit gediehenen Pläne für die erste private Mondmission war ein 2007 von der Firma Google ausgelobter Wettbewerb. Der Google Lunar X-Price (GLXP) ist mit 30 Millionen Dollar dotiert und geht an jenes zumindest zu 90 Prozent aus privaten Mitteln finanzierte Team, dessen Mondfahrzeug (Rover) 500 Meter auf dem Erdtrabanten zurücklegt. Das hat das ursprüngliche Team 2008 motiviert, sich in diese komplexe Herausforderung zu vertiefen. „Wir kommen sozusagen aus diesem Nerd-Bereich im Internet heraus“, sagte Brandner.

Es begann mit einem Autounfall

Das Startkapital für den Wettbewerb kam aus der Versicherungssumme in Folge eines Autounfalls, den der Chef der „Part Time Scientists“ („Teilzeitforscher“), Robert Böhme, damals hatte. Es folgte die Gründung eines Vereins. 2009 stand dann der erste selbst entwickelte kleine Roboter da.

„Ab dieser Zeit haben wir gemerkt, dass es ein wenig mehr braucht als einen Verein“, so Brandner. Die Firma wurde mit dem Ziel gegründet auch über den Horizont des Wettbewerbs hinaus „zukunftsträchtige Produkte“ für die schon damals aufstrebende private Raumfahrt zu entwickeln.

In den folgenden Jahren holte man zwei GLXP-Zwischenpreise. Mittlerweile arbeiten zwölf Mitarbeiter Vollzeit an dem Projekt, es gebe aber noch immer deutlich mehr „Teilzeitforscher“. Aufgrund der starken österreichischen Beteiligung - heimische Forscher und Techniker machen etwa 50 Prozent des Teams aus - sei auch eine Niederlassung in Österreich in Planung.

Die Landeeinheit "Alina" und der Rover "Audi lunar quattro".

APA/PTS/Alex Adler

„Alina“ und „Audi lunar quattro“

„Als wir das Ganze gegründet haben, waren wir sehr naiv und dachten, dass wir das bis 2012 erledigt haben“, sagte Brandner. Tatsächlich sehe es nun fast zehn Jahre nach der Google-Ausschreibung danach aus, dass die etwa 210 Kilogramm schwere Landeeinheit „Alina“ (Autonomous Landing and Navigation Module) mit den beiden je 30 Kilo schweren, einen Meter langen, 75 Zentimeter breiten und etwa 60 Zentimeter hohen Rover namens „Audi lunar quattro“ tatsächlich auf dem Mond aufsetzen wird, gibt sich Brandner überzeugt.

Am Namen des Fahrzeugs ist unschwer zu erkennen, dass man mittlerweile einen potenten Industriepartner mit an Bord hat. Auch von Partnern aus den Forschungsbereich, wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie in Kooperationen mit deutschen und österreichischen Unis habe man in den vergangenen Jahren viel gelernt.

Besuch bei Apollo-Mission geplant

Der Start, für den ein Zeitfenster von Ende 2017 bis Mitte 2018 vorgesehen ist, soll von Cape Canaveral (US-Bundesstaat Florida) mit einer SpaceX Rakete erfolgen. Ob und wie lange die Explosion einer SpaceX-Rakete Anfang September das Vorhaben verzögern könnte, lasse sich noch nicht seriös abschätzen.

Ab einer Höhe von 35.000 Kilometern „erledigt unser Landesystem die restliche, fünftägige Reise zum Mond“. Dort werden die beiden Rover abgesetzt und es gilt die geforderten 500 Meter zurückzulegen und das zu dokumentieren. „Dann sind wir eigentlich ‚frei‘ und für einige wissenschaftliche und mediale Themen offen“, sagte Brandner. So will man etwa die Landestelle der letzten bemannten Apollo-Mission (Apollo 17) und den „Großvater“ der neuen Mondfahrzeuge, das historische „Lunar Roving Vehicle“, besuchen.

Im Rennen um GLXP trennt sich nun die Spreu vom Weizen, denn bis zum Ende des Jahres müssen die Teams Startvereinbarungen vorlegen, um weitermachen zu können. Brandner schätzt, dass noch vier bis fünf ernsthafte Konkurrenten mit um den Preis rittern können. Der Wettbewerb selbst ist aber nicht mehr der alleinige Zweck des Unterfangens, denn das Team will sich mit seinem Landesystem am Markt positionieren.

Die Rover "Rev 3C" und "Rev 4A".

APA/PTS/Alex Adler

Die beiden Rover „Rev 3C“ und „Rev 4A“

Vergessenen Hammer auf den Mond liefern

Es gehe vor allem darum, eine günstige Plattform für Forschungseinrichtungen oder kleinere Unternehmen zu bieten, damit diese Technologie auf den Mond bringen können. „Bei uns soll man auch als kleinere Firma relativ unkompliziert eine Mondmission buchen können, um etwa einen Motor dort zu testen“, so Brandner. Die Nachfrage sei jedenfalls gegeben, denn bisher ist die Internationale Raumstation ISS der einzige extraterrestrische Testort, an dem Privatunternehmen aber Restriktionen unterliegen.

Auch die Idee der europäischen Raumfahrtagentur ESA, auf dem Mond bis 2030 ein Dorf aufzubauen, sei interessant. Mit der Landeeinheit ließen sich etwa Bauteile für das „Moon Village“ bis 100 Kilogramm anliefern. „Wir können dann aber auch quasi den vergessenen Hammer schnell nachliefern“, so Brandner. Dass der Mond bald von privaten Initiativen überrannt und gewissermaßen zugeparkt wird, sei aber nicht zu erwarten, da es auch in absehbarer Zeit immer noch nicht trivial sei, dort tatsächlich zu landen und sich Vertrauen in der Community aufzubauen.

science.ORF.at/APA

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