Atome mit Elektronen wiegen

Mit Hilfe von Elektronen wiegen Wiener Forscher Atome. Sie haben ein Verfahren entwickelt, um in einer zweidimensionalen Kohlenstoffschicht („Graphen“) unterschiedlich schwere Kohlenstoff-Isotope zu orten, die Messung soll auch bei noch dünneren Materialien funktionieren.

Die Studie

„Isotope analysis in the transmission electron microscope“, Nature Communications, 10.10.2016

Die Atome eines chemischen Elements haben immer gleich viele - positiv geladene - Protonen im Atomkern. Sie können sich aber durch die Zahl der - ungeladenen - Neutronen im Kern unterscheiden -, es sind dies verschiedene Isotope eines Elements. Sie sind chemisch völlig ident, haben jedoch ein unterschiedliches Atomgewicht. Dadurch lassen sie sich zwar mit speziellen Messgeräten unterscheiden, ihre exakte Position in einer Probe konnte man dabei aber nicht feststellen.

Beispielsweise ist beim Kohlenstoff (C) das Isotop C12 die häufigste aller natürlich vorkommenden Kohlenstoff-Isotope. Auf 99 C12-Atome kommt ein stabiles C13 Atom - der einzige Unterschied zwischen den beiden Isotopen ist ein weiteres Neutron im C13-Kern.

Graphen besteht aus nur einer Lage Kohlenstoffatomen, die netzartig in sechseckigen Waben angeordnet sind. Mit Hilfe eines hochauflösenden Transmissionselektronenmikroskops (TEM) können die einzelnen Atome dieser Struktur sichtbar gemacht werden. Während bei einem optischen Mikroskop eine Probe mit sichtbarem Licht untersucht wird, kommt beim Elektronenmikroskop ein Elektronenstrahl zum Einsatz.

Lokalisierung der Isotope

Ob es sich beim jeweiligen Atom um ein C12- oder C13-Isotop handelt, sieht man damit aber nicht. Die Physiker um Toma Susi und Jani Kotakoski vom Arbeitsbereich Physik Nanostrukturierter Materialen der Uni Wien haben nun ein Verfahren entwickelt, wie sie mit den Elektronen des TEM die einzelnen Atome des Graphen quasi abwiegen und damit feststellen können, ob es sich um C12 oder C13 handelt.

Sie nutzen dazu die Elektronen, die in dem Mikroskop ein Bild der Graphenstruktur entstehen lassen. Diese können nämlich auch ein Kohlenstoff-Atom aus dem Wabenverbund herausschlagen. Da ein C12-Atom weniger Masse besitzt als ein C13-Atom, geht dies beim leichteren Isotop einfacher. Aus der statistischen Erfassung, wie viele Elektronen im Schnitt nötig sind, um ein Atom aus dem Verbund zu reißen, lassen sich die verschiedenen Kohlenstoff-Isotope unterscheiden und lokalisieren.

Die Messung und Lokalisierung von Isotopen könne helfen, die Zusammensetzung von Materie zu verstehen und zu verbessern, betonen die Forscher. Man könne damit auch Informationen über das Wachstum von Graphenschichten erhalten, sagte Susi zur APA.

Bisher wurde die Methode nur an Graphen demonstriert, sie sei aber grundsätzlich auch an anderen zweidimensionalen Materialien anwendbar. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse nicht nur im Open Access-Journal „Nature Communications“ und damit für jedermann zugänglich veröffentlicht, sondern auch die vollständigen Daten frei zur Verfügung gestellt. Sie haben die neue Methode auch zum Patent angemeldet.

science.ORF.at/APA

Mehr zum Thema