Gefragt: Hochschulen mit Profil

Geht es um die Zukunft der Hochschulen, dreht sich die Diskussion in Österreich vor allem um die Frage, welche Fächer an den Universitäten bleiben bzw. zu den Fachhochschulen wechseln sollen. Dahinter steckt ein Kampf um Geld und Status. Es geht aber auch anders, wie zwei Nachbarländer zeigen.

Beim Stichwort „Fachhochschulfalle“ wurde es bei einer Veranstaltung zum Thema „Differenzierung im Hochschulsystem“ am Freitag in Wien emotional: Der Präsident der Fachhochschulkonferenz (FHK), Helmut Holzinger, zitierte aus einem Gastbeitrag von Uniko-Chef Oliver Vitouch für science.ORF.at, in dem dieser von der „Fachhochschulfalle“ schreibt und damit das „Risiko“ meint, „dass die (an einer FH, Anm.) erworbenen Kompetenzen auch rascher wieder ‚von gestern‘ sein können“.

„Abwertung“ und „mangelnder Respekt“

Holzinger nahm das zum Anlass, um der Uniko „Abwertung“ der FHs sowie „mangelnden Respekt“ vorzuwerfen. Vitouch entgegnete mit Zitaten aus FHK-Presseaussendungen, in denen „den Universitäten ganz schön eingeschenkt worden ist“.

Zukunft der Hochschulen

Anfang 2016 hat das Wissenschaftsministerium einen Strategieprozess rund um die Frage gestartet, wie der Hochschulsektor in Österreich zukünftig organisiert und finanziert sein soll. Welche inhaltlichen Vorstellungen gibt es dazu? Welche Ziele verfolgen die Hauptakteure in diesem Prozess, der bis Ende 2017 abgeschlossen sein soll? science.ORF.at geht diesen Fragen in einer Serie nach - zu den Beiträgen.

Bei diesen Szenen wurde mehr als deutlich, dass der Diskussionsprozess „Zukunft Hochschule“ auch zum Kampf um Ressourcen und Status geworden ist. Das symbolische Kapital in diesem Kampf sind die Fächer. Wer wird in Zukunft das Studium der Informatik anbieten? Wer darf sich mit welchen Angeboten in den prestigeträchtigen „Life Sciences“ positionieren? Ist der Ausbau der FHs gleichzeitig auch ein Abbau der Universitäten? Die österreichische Debatte dreht sich stark um diese Fragen, „das finde ich schon sehr auffällig“, sagte Dagmar Simon vom Wissenschaftszentrum Berlin.

In Deutschland wurde viel breiter über eine Differenzierung im Hochschulsystem diskutiert. Da ging es nicht nur um die Frage, wo welches Fach angeboten wird, sondern auch darum, ob eine stärker unternehmerische Universität gewünscht wird. Ob der Wissenstransfer gestärkt werden soll oder man Hochschulen möchte, die stark auf Lehre fokussiert sind.

Exzellente Einheit

In unserem Nachbarland gab es auch schon Initiativen, mit denen man eine stärkere Differenzierung vorantreiben wollte, z.B. die Exzellenzinitiative. In deren Rahmen konnten die Universitäten Schwerpunkte entwickeln und sich um Förderungen bewerben. Statt Vielfalt entstand aber eher Einheit: Denn alle Unis bauten fächerübergreifende Forschungscluster auf, um sich in der Grundlagenforschung zu profilieren.

Keine setzte beispielsweise auf exzellente Lehre - da müsse man gegensteuern, so Dagmar Simon, etwa indem gute Lehre ebenso viel Prestige und Geld bringt wie gute Grundlagenforschung, derzeit das „Non-Plus-Ultra“ in der Wissenschaft.

Unterschiede aufheben statt vertiefen

Profilbildungen zu ermöglichen, muss ein Ziel des laufenden Prozesses „Zukunft Hochschule“ sein, betonte auch Antonio Loprieno, Vorsitzender des österreichischen Wissenschaftsrats und ehemaliger Rektor der Universität Basel. In der Schweiz habe man die Diskussion zur Zukunft der Hochschulen schon hinter sich.

„Am Ende dieses Prozesses stand eine einheitliche Hochschullandschaft mit einer einheitlichen Rektorenkonferenz und einer einheitlichen Funktion in einem Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz. Wir wurden sozusagen trainiert, in Richtung Aufhebung der sektoralen Unterschiede zu denken“, so Loprieno, der von den starren Grenzen zwischen Unis und FHs in Österreich überrascht war.

Statt diese Grenzen zu festigen, gehe der Trend in der internationalen Hochschulentwicklung in Richtung Profilbildung durch Themensetzung: „Wie steht es in Beziehung mit der Wirtschaft, mit der Intensität der Forschung, mit dem Grad an Innovation?“ Auf solche Fragen müsse man Antworten finden, wenn es um die Zukunft der Hochschulen geht.

Jeder macht alles

In Österreich bieten die Universitäten immer mehr Lehrgänge an, die Fachhochschulen kämpfen um das Promotionsrecht. Jeder möchte alles machen, und darunter leidet das gesamte System. Stattdessen müsse man Scheuklappen ablegen, so der Vorsitzende des österreichischen Wissenschaftsrats, und neue Wege gehen. Beispielsweise könnte es sinnvoll sein, an manchen Standorten Fachhochschule und Universität unter einem Dach zu vereinen, um die Stärken beider Bereiche besser zu nutzen. Fazit: Das konstruktive Miteinander ist in Österreich - zumindest bei öffentlichen Veranstaltungen - noch kaum zu spüren.

Elke Ziegler, science.ORF.at

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