Länger leben durch Facebook?

Wer Freunde hat, ist gesünder. Ob das auch für Online-Freunde gilt, haben Forscher anhand von Facebook-Daten analysiert: Statistisch leben die so vernetzten Menschen tatsächlich länger, jedoch besonders dann, wenn hinter den virtuellen echte Kontakte stecken.

Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Mittlerweile weiß man, dass sich viele Sozialkontakte nicht nur auf das Wohlbefinden, sondern tatsächlich auf die Gesundheit auswirken. Laut einer Metaanalyse aus dem Jahr 2010 ist mangelnde soziale Integration so riskant wie Alkoholismus, sie wiegt stärker als der Verzicht auf Sport und ist sogar zwei Mal so schädlich wie Dickleibigkeit. Gut vernetzte Menschen hingegen haben eine um 50 Prozent höhere Überlebenswahrscheinlichkeit.

Dieser Zusammenhang gilt zumindest für Beziehungen in der „echten“ Welt. Viele Menschen pflegen ihre Kontakte heute jedoch virtuell, via Facebook, Instagram, Snapchat und Co. Bei den Menschen zwar sehr beliebt haben diese sozialen Medien nicht unbedingt den besten Ruf. Studien zufolge könnten sie neidisch, depressiv, dick und vieles mehr machen. Ob es sich dabei um mehr als zufällige statistische Zusammenhänge handelt, ist aber umstritten. Auch der Vergleich mit nicht elektronisch vernetzten Menschen ist schwierig.

Sterblichkeitsrisiko sinkt

Dennoch haben die Forscher um William R. Hobbs von der University of California nun ein Vergleich von Nutzern und Nichtnutzern von Facebook gewagt; mit der Frage, ob auch Online-Freundschaften der Gesundheit dienen. Zwölf Millionen anonymisierte kalifornische Online-Profile haben sie analysiert und ihre Gesundheitsdaten mit jenen von nicht auf Facebook registrierten Kaliforniern verglichen.

Ein halbes Jahr lang hat das Team dafür die Aktivitäten auf den Facebook-Accounts aufgezeichnet, und in den zwei Jahren darauf das Sterblichkeitsrisiko mit der „Normalbevölkerung“ verglichen. Das zentrale Ergebnis: Facebook-User leben tatsächlich länger, Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht oder Volksgruppenzugehörigkeit wurden rausgerechnet. „Die Wahrscheinlichkeit in einem Jahr zu sterben, ist für Facebook-Nutzer um zwölf Prozent geringer,“ heißt es in der Studie.

Suche nach Freundschaft bringt nichts

Um etwas mehr Licht in diesen überraschenden Zusammenhang zu bringen, haben die Forscher die Aktivitäten der Nutzer genauer analysiert. Dabei tauchten einige interessante Unterschiede auf, z.B. bei Freundschaftsanfragen. Selbst solche zu stellen, hat den Forschern zufolge nämlich keinen gesundheitlichen Nutzen, eine Freundschaftsanfrage positiv zu beantworten, hingegen sehr wohl. Mit anderen Worten: Online verzweifelt nach Freunden zu suchen, bringt nichts - im „richtigen“ Leben ist das vermutlich ähnlich.

Auch bei anderen Aktivitäten verschoben sich die Zusammenhänge bei genauerem Hinsehen: Das Sterblichkeitsrisiko war dann besonders niedrig, wenn ein Nutzer auf vielen Gemeinschaftsfotos auftaucht - ein Hinweis, dass er mit seinen Freunden nicht nur virtuell Zeit verbringt. Bei reinen Textnachrichten verschwand die lebensverlängernde Wirkung.

Ein Blick auf die Todesursachen lege laut den Forschern nahe, dass die Lebensverlängerung tatsächlich mit dem Facebook-Netzwerk zu tun hat. Denn - wie erwartet - ist der Zusammenhang bei Herz-Kreislauferkrankungen, Drogenmissbrauch und Selbstmord stärker - dabei spielt die psychische Verfassung eine nicht unwesentliche Rolle. Für Freundschaften und Krebs galt der Zusammenhang hingegen nicht.

Freundschaft zählt

Wie die Forscher betonen, zeigt die Studie lediglich einen statistischen Zusammenhang, keinen kausalen. Dass Facebook-Freundschaften tatsächlich für ein längeres Leben sorgen, sei damit nicht bewiesen. Hinzu kommt der enge Zeithorizont von zwei Jahren, langfristig könnte sich der Zusammenhang verändern. Auch das reale Freundschaftsnetzwerk der nicht auf Facebook registrierten Vergleichspersonen konnten die Forscher naturgemäß nicht berücksichtigen.

Ob sie nun im virtuellen oder realen Raum gepflegt wird - letztlich dürfte es um die Freundschaft an sich gehen. Das legt auch der finale Schluss nahe, den die Studienautoren mit allen erwähnten Einschränkungen aus der Analyse ziehen: Online-Aktivitäten, die explizit das „echte“ Sozialleben befördern, nützen der Gesundheit.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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