Spermabestandteil schützt das Herz

Spermidin, eine natürliche Substanz, die in der Samenflüssigkeit, aber auch in manchen Lebensmitteln vorkommt, kann das Leben verlängern und die Herz-Kreislaufgesundheit verbessern. Sicher bei Mäusen und Ratten, laut Forschern wahrscheinlich auch beim Menschen.

Jahrzehntelange falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Bluthochdruck können dem Herzen massiv schaden und machen Menschen im Alter zunehmend anfälliger für Erkrankungen der „Pumpe“ und der Blutgefäße. Und nachdem die Menschen immer älter werden, steigt auch die Zahl der Herzerkrankungen - selbst bei jenen, die gesund gelebt haben. Man weiß allerdings noch zu wenig über die grundlegenden Mechanismen der fortschreitenden Verschlechterung alternder Herzen, um diese zu behandeln oder zu verhindern, wie Frank Madeo vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Uni Graz gegenüber der APA erklärt.

Laut Madeo ist die sogenannte Autophagie einer der wichtigsten Prozesse im menschlichen Körper, um auch Herzzellen gesund und leistungsfähig zu halten. In diesem Prozess des „sich selbst Fressen“ bauen die Körperzellen eigene fehlerhafte Bestandteile ab. Sie verwerten diese vor allem in Hungerperioden, um neue Bausteine zu generieren und nutzen diese zugleich zur Energiegewinnung. Ohne Autophagie würde sich der zelluläre Müll in der Zelle ablagern und über kurz oder lang die reibungslose Funktion der Zelle hindern.

Wundermittel Spermidin

Wie Madeo und Tobias Eisenberg schon 2009 herausgefunden haben, kann jenseits von Hungerperioden die körpereigene Substanz Spermidin diesen zellulären Reinigungsprozess ankurbeln. In Labortests haben die Grazer Forscher gesehen, dass die Gabe von Spermidin die Lebensdauer in einfachen Organismen wie Hefe, Fruchtfliegen und Fadenwürmern verlängert. Das Polyamin kommt in hohen Konzentrationen in der männlichen Samenflüssigkeit, aber auch in bestimmten Lebensmitteln vor - etwa in Weizenkeimen, Sojabohnen, Erbsen, manchen Käsesorten, Pilzen und Nüssen. Ursprünglich war es für seine Funktion beim Zellwachstum bekannt.

In seiner aktuellen Arbeit hat das Team aus Forschern der Universität Graz und Med-Uni Graz gemeinsam mit internationalen Kollegen aus u.a. Deutschland, Frankreich und den USA herausgefunden, dass die mittlere Lebensdauer von Mäusen durch im Trinkwasser verabreichtes Spermidin verlängert wird. Es zeigte sich vor allem, dass Spermidin die Herzfunktion bei älteren Mäusen verbessert. Das deute darauf hin, dass eine Verzögerung in der Alterung des Herzens zur Erhöhung der Lebensdauer beiträgt, schließen die Wissenschaftler.

Für Menschen vorteilhaft

Mäuse, mit einem genetischen Defekt zur Autophagie in Herzzellen hatten keinen Profit durch die Spermidin-Gabe. Das lässt die Forscher nunmehr vermuten, dass die schützenden Effekte von Spermidin auf der Fähigkeit beruhen, Autophagie zu aktivieren.

Auch bei Ratten, die aufgrund einer salzreichen Diät erhöhten Blutdruck aufwiesen, war die Substanz wirksam, wie der Grazer Erstautor Eisenberg zusammenfasst: Zusätzliches Spermidin führte zur Senkung ihres Blutdrucks und zu einer Verbesserung ihrer Herzfunktion. „In Tiermodellen hat Spermidin die Herzelastizität und diastolische Entspannung der linken Herzkammer erhöht, während die Verdickung der Herzwände abnahm. Das bedeutet: Der Herzmuskel kann sich zwischen den Schlägen besser entspannen und sich daher wieder mit mehr Blut füllen“, schilderte Eisenberg.

Ob die Einnahme von Spermidin für den Menschen vorteilhaft sein kann, haben die Forscher zumindest indirekt erhoben. Mittels Fragebogen, in dem rund 800 Probanden in Südtirol angaben, wie oft sie bestimmte Nahrungsmittel aßen, war eine erhöhte Zufuhr von Spermidin mit einem niedrigeren Risiko von Herzinsuffizienz und anderen kardiovaskulären Krankheiten verbunden. Als nächsten Schritt wollen die Forscher in kontrolliert klinischen Studien die schützenden Effekte am Menschen erheben.

science.ORF.at/APA

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