Erde „duscht“ den Mond mit Sauerstoff

Atmen kann man auf dem Mond nicht, dennoch sind auf seiner Oberfläche kleine Mengen Sauerstoff vorhanden. Ein Teil davon stammt von der Erde, wie japanische Forscher in einer neuen Studie berichten.

„Der Sauerstoff vom Mond hat drei Komponenten“, erklärt der Astrophysiker und Studienautor Kentaro Terada gegenüber science.ORF.at. Zum Ersten gebe es einen intrinsischen Sauerstoff, der bereits seit seiner Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahre auf dem Mond vorkommt und sich heute u.a. im Gestein auf seiner Oberfläche nachweisen lässt.

„Zum Zweiten gibt es Sauerstoff, der durch den Sonnenwind von der Sonne zum Mond gelangt. Die dritte Komponente war bis jetzt ein Rätsel, aber wir haben es herausgefunden: Dieser Sauerstoff kommt vom Erdwind!“, so Terada.

Mitbringsel des Erdwindes

Der Hintergrund: In 28 Tagen umkreist der Mond einmal vollständig unseren Planeten. Der Erdtrabant ist einen Großteil seiner Umlaufszeit dem Sonnenwind ausgesetzt. Wenn sich aber die Erde zwischen Sonne und Mond schiebt, steht der Mond für fünf Tage quasi im Windschatten der Erde – das irdische Magnetfeld schirmt den Mond vom Sonnenwind ab. In dieser Zeit bekommt er dafür eine „Dusche“ mit Ionen – also geladenen Atomen – verpasst, die von der Erde stammen. Bekannt war das schon bisher für Stickstoff und einige Edelgase.

Illustration der Sauerstoff-Dusche auf dem Mond

Universität Osaka / NASA

Illustration: Der Mond im Windschatten der Erde

Dass auch Sauerstoff zu den Mitbringseln des Erdwindes gehört, haben die japanischen Forscher nun mit Hilfe von Messgeräten der Raumsonde Kaguya herausgefunden. Kaguya befand sich von 2007 bis 2009 in einer Umlaufbahn um den Mond. Die Forscher verglichen die Sauerstoff-Isotopen – also verschieden schwere Varianten der Atome – in der Exosphäre des Mondes und schlossen daraus auf ihre Herkunft.

Die Studie

“Biogenic oxygen from Earth transported to the Moon by a wind of magnetospheric ions” Nature Astronomy, 30.1.2017

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 14.2., 13:55 Uhr.

Prozess seit 2,5 Milliarden Jahre

Die „Sauerstoff-Dusche“ spielt sich bereits seit etwa 2,5 Milliarden Jahren ab – seit der Zeit, als genügend Sauerstoff in der Erdatmosphäre vorhanden war. „In der Vergangenheit war die Entfernung zwischen der Erde und dem Mond viel geringer“, so Terada. „Außerdem war die Magnetosphäre unserer Erde nicht vorhanden oder sehr schwach.“

Er geht deshalb davon aus, dass früher eine größere Menge an geladenen Sauerstoff-Ionen auf die Oberfläche des Mondes eintreffen konnte als heute. Hinweise dazu müssten sich heute noch auf dem Mondboden befinden – sie könnten Aufschluss geben über die frühere Zusammensetzung unserer Erdatmosphäre.

Ob man das „Archiv“ auf der Mondoberfläche wirklich zur Erforschung der Erdatmosphäre nutzen kann, ist allerdings fraglich. Problematisch etwa sei die Unterscheidung zwischen dem Sauerstoff, der durch den Sonnenwind auf den Mond gelangt ist, und jenem, der vom Erdwind stammt.

Weiteres Projekt

Mit der gleichen Methode könnte man jedenfalls auch den Marsmond Phobos genauer untersuchen. Hierfür tüftelt die japanische Raumfahrtbehörde JAXA momentan an einer Raumsonde, die Ionen auf dem Mars und seinem Mond messen und zusätzlich Proben der Oberfläche des Marstrabanten auf die Erde bringen soll.

„Wenn wir die Proben von Phobos untersuchen können, könnte man wie bei der Erde auf die Zusammensetzung der Marsatmosphäre schließen“, hofft der Astrophysiker Terada.

Cosima Eibensteiner, Ö1 Wissenschaft

Mehr zu dem Thema: