Was gegen zu viel Zucker hilft

Obwohl es noch nie so viel kostenlose Information zur Ernährung gegeben hat, sind in Österreich mehr Kinder übergewichtig als jemals zuvor. Experten fordern daher eine Ernährungsberatung im Mutter-Kind-Pass und eine bessere Kennzeichnung von Zucker.

Ein Regal voll mit scheinbar gesunden Snacks für kleine Kinder. Kindermüsliriegel stehen da neben püriertem Obst, Reiswaffeln mit Beerengeschmack neben Dinkelkeksen. „Es ist sehr wichtig, dass man hier von Elternseite sehr viel Ernährungskompetenz entwickelt und nicht einfach zum Nächstbesten greift, nur weil es praktisch ist“, sagt die Sozialmedizinerin Anita Rieder von der Medizinischen Universität Wien.

Mutter-Kind-Pass: Ernährung als Thema

Diese Ernährungskompetenz müsse aber erworben werden, und da habe man in der Vergangenheit nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen erreicht, so Rieder. Bildung, Einkommen, Muttersprache, ein Wohnort abgelegen am Land - all das sind Hürden, die es zu überwinden gilt.

Konkret denkt die Sozialmedizinerin an eine Ernährungsberatung schon der Schwangerschaft, als ganz selbstverständlicher Teil der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen: „Wir haben uns lange um das Screening zu Schwangerschaftsdiabetes bemüht, jetzt ist es Teil der Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft. Auch zur Ernährung braucht es ein solches Standardprogramm. Ich glaube, da müssen wir noch einiges ausbauen.“

ORF Schwerpunkt

Von 18. bis 24. März widmet sich der ORF im Rahmen seiner Initiative „Bewusst gesund“ dem Thema „Zucker“ .

Schulprogramme fortsetzen

35 Kilogramm Zucker verzehrt jeder Österreicher, jede Österreicherin im Schnitt pro Jahr. Mit 18 Kilo empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO für Erwachsene die Hälfte, für Kinder noch deutlich weniger. Essen Kinder zu viel Zucker und bewegen sich zu wenig, werden sie nicht nur übergewichtig, sondern auch krank. „Ihr Stoffwechsel verändert sich wie bei Erwachsenen mit Diabetes Typ 2“, so die Sozialmedizinerin.

Damit es nicht so weit kommt, müsse man die Programme an Schulen fortsetzen, so Sozialmedizinerin Rieder: Buffets auszeichnen, die auf zucker- und fettarme Produkte setzen; aus Getränkeautomaten besonders zuckerhaltige Soft Drinks entfernen; Kindern kochen und damit Wissen über Lebensmittel und ihre Inhaltsstoffe beibringen. „Prävention braucht Zeit. Den Knopf, auf den man drückt und am nächsten Tag ist alles anders, gibt es nicht.“

Verpackung macht aus Essen ein Spiel

Dass zuckerhaltige Produkte für Kinder noch immer gern gekauft werden, liegt aber auch an ihrer Aufmachung, sagt Heinz Schöffl, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Wien (AK): "Sehr viele Produkte zeigen Abbildungen von Maskottchen, die für Kinder attraktiv sind. Essen wird dadurch mehr zum Spiel als zur Nahrungsaufnahme. „Eltern würden durch solche Beigaben oft gedrängt, zuckerhaltige Produkte zu besorgen, weil Spielzeug drinnen ist.“

Ö1 Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1 Journale, 20.3., 8 Uhr.

Auch die direkte Ansprache von Kindern über Spiele im Internet und Apps kritisieren die Konsumentenschützer der AK und bekommen dabei Unterstützung von der Wissenschaft: Die American Psychological Association macht darauf aufmerksam, dass Kinder Online-Werbung schlechter als solche erkennen können als im Fernsehen. 6-Jährige identifizieren nur ein Viertel der Online-Werbung tatsächlich als Werbung.

Auch abseits der Werbung fordert AK-Experte Heinz Schöffl eine eindeutige Kennzeichnung von Produkten mit besonders viel Zucker, Fett oder Salz etwa in Form einer Lebensmittelampel. Und solange es die nicht gibt, rät er Eltern, die Nährwerttabellen auf der Rückseite genau zu studieren - dann wird schnell sichtbar, dass auch Reiswaffeln mit Beerengeschmack und Dinkelkekse Zucker im zweistelligen Grammbereich enthalten.

Elke Ziegler, Ö1 Wissenschaft

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