20 Jahre ohne Gentechnik - Zukunft ungewiss

Mehr als 1,2 Millionen Menschen haben 1997 das Volksbegehren für eine gentechnikfreie Landwirtschaft unterschrieben. 20 Jahre danach hält Österreich am Anbauverbot von Gentech-Pflanzen fest. Doch es kommt wegen neuer Gentechniken unter Druck.

Eine Kukuruzsorte, die ein Schädlingsgift produziert, oder Soja, das jeden Unkrautvernichter überlebt - gentechnisch veränderte Pflanzen haben aus Sicht der industriellen Landwirtschaft viele Vorteile. Die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich sehen solche Agrarprodukte jedoch skeptisch, auch 20 Jahre nach dem Gentechnik-Volksbegehren.

Aus Sicht von Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner ist diese Skepsis berechtigt. „Da wir keine Langzeitstudien haben, die belegen, dass wir hier keine gesundheitlichen Auswirkungen haben“, so Rendi-Wagner.

Nicht alle Produkte gentechnikfrei

Obst und Gemüse aus Österreich ist garantiert gentechnikfrei, Gleiches gilt für Biolebensmittel. Darüber hinaus tragen mehr als 2.500 Produkte das Gütesiegel „Ohne Gentechnik hergestellt“. Gibt es diesen Hinweis nicht, etwa bei Sojaprodukten wie Tofu und Brotaufstrichen, kann es sich um gentechnisch verändertes Soja handeln. Diese Produkte müssen im Kleingedruckten gekennzeichnet werden, etwa mit „enthält genetisch veränderte Organismen“.

Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) landen auch indirekt in den Supermarktregalen, etwa in Form von Fleischprodukten. Nach wie vor werden rund 350.000 Tonnen Futtermittel aus gentechnisch verändertem Soja nach Österreich importiert, vor allem für die Schweinemast. Bei der Eierproduktion und Hühnermast wird bereits auf solche Futtermittel verzichtet.

Keine Kennzeichnung für Fleischprodukte

In der Fleischproduktion muss zwar das Futtermittel als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden, nicht aber die Fleischprodukte, die so produziert werden. Aus Sicht der Umweltorganisation Greenpeace gibt es bei diesen Futtermitteln ein weiteres Problem: Für den Anbau des Sojas werden Urwälder wie der Amazonas gerodet, und der Lebensraum der Ureinwohner Brasiliens zerstört.

Der Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit plädiert deswegen für eine Vereinbarung aller österreichischen Lebensmittelhersteller und aller Supermärkte, auf solche Futtermittel bzw. Produkte, die so hergestellt werden, zu verzichten. „Man sieht auch in anderen Bereichen, dass es funktioniert, etwa bei der Hühnermast und Eierproduktion. Man müsste das nur auf den Schweinebereich ausdehnen“, so Egit.

Neue Gentechnik braucht neue Regeln

Möglich werden soll das laut Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechterdurch gentechnikfreies Soja aus Europa, das entlang der Donau angebaut werden soll. So möchte man die Eiweißlücke in der Fütterung schließen und importunabhängig werden. Darüber hinaus soll es in Österreich auch zukünftig keine gentechnisch veränderten Pflanzen geben, das gelte auch für die sogenannte neue Gentechnik.

Bei diesen Methoden wird das Genom der Pflanzen zwar umgeschrieben, aber es wird keine artfremde DNA, etwa von Bakterien, eingebracht. Stattdessen werden Gensequenzen ausgeschaltet oder ausgeschnitten und anderswo eingebracht. Doch auch solche Organismen würden nicht zur österreichischen Landwirtschaft passen, so Rupprechter. „Durch die kleinstrukturierte Landwirtschaft und durch den hohen Anteil an Biolandwirtschaft ist es nicht möglich, eine Koexistenz zwischen diesen Formen aufrechtzuerhalten“, sagt der Landwirtschaftsminister.

EU-Regelungen ausweiten

In der Europäischen Union wird noch diskutiert, ob diese neuen Züchtungstechniken den strengen EU-Rechtsvorschriften zu „gentechnisch veränderten Organismen“ unterliegen sollen. „Diese neuen Techniken müssen unter die geltenden EU-Regulationen fallen“, sagte Gesundheitsministerin Rendi-Wagner. Die Zulassung und Kennzeichnung solcher Produkte soll beibehalten werden wie bisher, so die Forderung.

Werden die EU-Rechtsvorschriften nicht um diese neue Gentechnik erweitert, wird es Konsumenten in Österreich allerdings nicht mehr möglich sein, zwischen gentechnisch veränderten Lebensmitteln und herkömmlichen zu unterscheiden.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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