Warum das Ozonloch langsamer schrumpft

Trotz mancher Rückschläge ist der Kampf gegen das Ozonloch über der Antarktis eine Umweltgeschichte, die tatsächlich gut enden könnte. Bis es verschwunden ist, wird es laut einer neuen Studie allerdings länger dauern als erhofft.

Vor fast 30 Jahren, im September 1987, wurde das Montreal-Protokoll beschlossen. 197 Staaten einigten sich darin, ozonschädliche Treibgase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) langfristig zu verbannen.

Wegen ihrer chemischen Stabilität wurden sie unter anderem in Kühlschränken und Spraydosen verwendet. Die langlebigen Chemikalien schädigen die Ozonschicht, die die Erde vor UV-Strahlung schützt. Sie sollen daher für das seit Anfang der 1980er Jahre jährlich auftretende Ozonloch über der Antarktis verantwortlich sein. Dieses hatte sich innerhalb weniger Jahre dramatisch vergrößert.

Eine Erfolgsgeschichte

Und die Maßnahmen zeigten tatsächlich Wirkung. 2014 berichtete die UNO-Umweltbehörde (UNEP) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), dass das antarktische Ozonloch seit über zehn Jahren tatsächlich nicht mehr größer geworden war.

Die Experten gingen sogar davon aus, dass die Ozonschicht ab dem Jahr 2050 wieder im Zustand von 1980 sein könnte und sich das Ozonloch im Lauf des Jahrhunderts wieder geschlossen haben könnte. Der Trend sei eindeutig, sagen Forscher - selbst wenn in einzelnen Jahren neue Rekordausmaße gemessen wurden. Denn auch Vulkanausbrüche und Wetterschwankungen beeinflussen die Größe des Ozonlochs.

Entwicklung überschätzt?

Womöglich wurde die positive Entwicklung aber überschätzt. Denn andere Chemikalien könnten das Heilen der Ozonschicht deutlich abbremsen, wie die Forscher um Ryan Hossaini von der britischen Lancaster University nun berichten. Das Hauptaugenmerk der aktuellen Studie lag auf Dichlormethan, ein Chlorkohlenwasserstoff, der im Montreal-Protokoll nicht gelistet ist, weil er im Gegensatz zu FCKW nur sehr kurzlebig ist. Verwendet wird die chemische Verbindung z.B. als Lösungsmittel, in Kühlaggregaten und in der Pharmaindustrie - oft als Ersatz für die verbotenen FCKW.

Messungen zeigen, dass seine Konzentration in den vergangenen Jahren stark zunimmt, um etwa acht Prozent jährlich. Zwischen 2004 und 2014 hat sich die Gesamtmenge ungefähr verdoppelt. Laut Hossaini könnte der Anteil noch weiter steigen. Und auch wenn sich der Stoff nicht so lang in der Atmosphäre hält, entstehen wegen der Quantität Schäden an der Ozonschicht. Die größten Mengen fallen in der Nordhalbkugel an, gelangt der Stoff in die Stratosphäre, wird er auch in die Antarktis transportiert. Wegen der niedrigen Temperaturen sind die Auswirkungen dort stärker - deswegen leidet die Region generell stärker unter allen ozonschädigenden Chemikalien.

Kurzlebig, aber schädlich

Für die aktuelle Untersuchung haben die Forscher verschiedene Szenarien durchgerechnet: Im Extremfall - also wenn die Verwendung von Dichlormethan weiter zunimmt wie zuletzt - erholt sich die Ozonschicht erst um 2080, also etwa 30 Jahre später, als von der WMO vorhergesagt. Wenn die Menge gleich bleibt, dauert es laut den Forschern um etwa fünf Jahre länger. Effekte anderer - derzeit noch nicht analysierter - Chemikalien könnten natürlich dazukommen, genauso wie Wechselwirkungen mit dem Klimawandel.

Dass auch kurzlebige Substanzen der Ozonschicht schaden, werde in den letzten Jahren immer klarer, erklärt dazu Martin Dameris von Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Seiner Ansicht nach sollten alle Substanzen, die Chlor enthalten, überprüft werden. „Sobald es ein Problem gibt, muss gehandelt werden. Das ist hier nun der Fall!“

Er geht davon aus, dass Dichlormethan im Rahmen von Nachfolgevereinbarungen zum Montreal Protokoll bald reglementiert werden wird. Andere Experten halten es ebenfalls für sehr wahrscheinlich, dass neue Reglementierungen folgen werden - auch für andere Ersatzsubstanzen, die nach dem Vertrag in größerer Menge produziert wurden. Solche Erweiterungen gab es seit 1987 immer wieder, auch deswegen war der Vertrag bisher so erfolgreich.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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