Schärfere Regeln für Zuchtpatente

Das Europäische Patentamt (EPA) hat nach jahrelangen Debatten die Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren eingeschränkt. Kritikern geht das nicht weit genug.

Die Vertragsstaaten beschlossen in Den Haag, dass durch Kreuzung und Selektion gezüchtete Pflanzen und Tiere sowie die daraus hergestellten Produkte künftig keinen Schutz mehr erhalten. Österreich stimmte dem Entwurf nicht zu.

Der entsprechende Entwurf sei angenommen worden, heißt es in einer EPA-Aussendung. Österreich stimmte als einziges der 38 EPO-Mitgliedsländer nicht zu, Slowenien enthielt sich der Stimme.

Zufällige DNA-Veränderungen weiter patentierbar

Das Bündnis der Patentgegner kritisierte, dass mit der Neuregelung trotz der Einschränkungen neue Schlupflöcher geschaffen worden seien. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Verbote zu umgehen“, sagte Christoph Then, Sprecher des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut“.

So bleiben zufällige Veränderungen des Erbguts nach Thens Einschätzung unter bestimmten Bedingungen weiterhin patentierbar. Solche zufälligen Veränderungen kommen in der Natur vor. Sie werden aber auch im Labor absichtlich herbeigeführt, um möglichst viele Varianten einer Pflanzenart zu erhalten.

Daraus suchen Forscher dann - vereinfacht gesagt - Pflanzen mit einer gewünschten Eigenschaft heraus und vermehren sie weiter. Eine klare Abgrenzung zufälliger Erbgutveränderungen zur Gentechnik fehle in der neuen Regelung, sagte Then.

Leichtfried sieht „Trojanisches Pferd“

Die Zivilgesellschaft habe eine teilweise Verschärfung im Patentrecht erreicht, sagte Ruth Tippe, die ebenfalls zum Bündnis „Keine Patente auf Saatgut“ gehört. Sie schränkte aber ein: „Auch in Zukunft wird das Patentrecht vom Europäischen Patentamt (EPA) und den Konzernen missbraucht, um sich die Grundlagen der Ernährung anzueignen.“

Auch Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) gehen die Vorschläge der EPO nicht weit genug. Anstatt Biopatente wirksam zu verbieten, ermöglichen die zusätzlichen Erläuterungen Konzernen weiter, Besitzrechte auf Pflanzen und Tiere anzumelden, hieß es aus dem Ministerium.

Leichtfried sieht darin ein „Trojanisches Pferd“ und kritisierte, dass der Vorschlag nur auf den ersten Blick gut aussehe. „Aber der Teufel liegt im Detail: Die Erläuterungen lassen in Wahrheit mehr Spielraum für Patente auf Tiere und Pflanzen als bisher. Damit bleibt eine Hintertür offen, die es ermöglicht, auch weiterhin die Natur zu patentieren.“

Natürlich veränderte Braugerste

Durch die Neuregelung sind etwa Pflanzen, die nicht durch technische Prozesse, sondern durch natürliche Verfahren verändert wurden, weiterhin patentierbar. Derartige Patente haben kürzlich die Bierkonzerne Carlsberg und Heineken auf natürlich veränderte Braugerste erhalten.

Ein weiteres Beispiel dafür ist das niederländische Unternehmen Rijk Zwaan. Der Konzern hat ein Patent auf Salat angemeldet, der nach der Ernte langsamer braun wird. Durch die unscharfe Regelung erstreckt sich dieses Patent dann aber auch auf andere Obst- und Gemüsesorten mit derselben Eigenschaft, etwa Erdäpfel, Pilze, Äpfel, Birnen und Marillen. Und zwar auch, wenn die Pflanzen diese Eigenschaft auf natürliche Weise erlangt haben, ohne Zutun eines Züchters.

Brokkoli- und Tomaten-Patent

Leichtfried wollte die Diskussion in der Patentorganisation auch nach der Abstimmung fortsetzen: „Wir rücken von unserer Forderung nicht ab: Es braucht ein klares und wirksames Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Konzerne die Natur unter den Nagel reißen.“ Leichtfried erinnerte daran, dass EU-Kommission, EU-Parlament und auch der Rat Patenten auf herkömmliche Pflanzen und Tiere bereits eine klare Absage erteilt haben.

Auslöser der Neuregelung war eine umstrittene Entscheidung im Jahr 2015: Damals wurden zwei Patente auf herkömmliche Pflanzen von der obersten Kammer des Europäischen Patentamtes für rechtmäßig erklärt. Das „Brokkoli-Patent“ ging an den Saatgutriesen Monsanto und das „Tomaten-Patent“ an Syngenta.

NGOs, Bauernverbände und Züchter kritisieren diese Patente, da es sich bei den patentierten Pflanzen nicht um technische Erfindungen im klassischen Sinn handelt. Vielmehr kommen die patentierten Eigenschaften in der Natur vor und wurden auf natürlichem Weg erzielt, etwa durch Selektion, Kreuzung oder zufällige Veränderung.

science.ORF.at/APA/dpa

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