USA: Klimawandel verstärkt Armutsgefälle

Der Klimawandel wird für die Vereinigten Staaten auch wirtschaftliche Folgen haben, sagt eine Studie. Und die Ungleichheit zwischen armen und reichen Regionen innerhalb der USA wird steigen.

Sollte die jetzige Erderwärmung ungebrochen weitergehen, wird es am Ende des 21. Jahrhunderts um drei bis fünf Grad Celsius wärmer sein. Wissenschaftler rund um den Geographen und Wirtschaftswissenschaftler Solomon Hsiang von der University of California, Berkeley berechneten, welche wirtschaftlichen Folgen das für die USA in der Zeit zwischen 2080 und 2099 haben wird. Fazit: Jedes zusätzliche Grad wird dem Staat etwas kosten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird um 1,2 Prozent pro Grad sinken.

Regionale Ungleichheit steigt

Die Forscher analysierten die Situation in jedem einzelnen Bezirk und stellten fest: Der Schaden wird sich nicht gleich verteilen. Einzelne Regionen werden sogar vom Temperaturanstieg profitieren und ihre Wirtschaft wird wachsen. Im Nordwesten, wo es jetzt vergleichsweise kalt ist, werden die Ernteerträge durch ein milderes Klima um bis zu 45 Prozent steigen, während die südlichen Küstenregionen und der Mittlere Westen bis zu 50 Prozent weniger ernten werden. USA-weit wird die Ernte um neun Prozent zurückgehen.

Da Menschen bei Hitze weniger produktiv sind, wird auch die Arbeitsproduktivität um bis zu drei Prozent sinken, sagen die Wissenschaftler. Das betrifft die Südstaaten, die Ostküste und den Mittleren Westen.

Diese Regionen sind es auch, in denen der Gesamtschaden am größten sein wird: Bis zu 28 Prozent kann das BIP in einzelnen Bezirken bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zurückgehen. Den Südwesten trifft es mit zehn bis 20 Prozent Rückgang etwas weniger hart. Ein wirtschaftliches Wachstum von bis zu zehn Prozent sagen die Studienautoren dem gesamten Norden voraus.

Grafik zu den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels in den USA

Hsiang, Kopp, Jina, Rising, et al. ( Science , 2017)

Grafik zur Änderung des BIP durch den Klimawandel in den USA

Das Resümee der Forscher: Das ärmste Drittel der Staaten wird 20 Prozent des Einkommens verlieren, wenn der Klimawandel ungebrochen weitergeht. Die ökonomischen Verluste werden also in jenen Regionen am größten ausfallen, die heute schon ärmer sind.

Im Norden gesünder, aber gefährlicher

Die Wissenschaftler beleuchteten neben den wirtschaftlichen auch die gesellschaftlichen Folgen. Der Ausblick auf die Kriminalitätsentwicklung ist in den ganzen Vereinigten Staaten düster: Gewalt- und Eigentumsverbrechen sollen laut den Forschern überall steigen. Bis zu sechs Prozent mehr Delikte soll es vor allem im Nordosten geben. Unter anderem weil es dort weniger kalte Tage geben wird und an kalten Tagen weniger Verbrechen stattfinden.

Dafür werden am Ende des 21. Jahrhunderts im Norden weniger Menschen an den Folgen des Klimawandels sterben, weil es weniger kalt sein wird. Im Süden werden sich die wärmeren Temperaturen gegenteilig auswirken: In einzelnen Bezirken wird es bis zu 80 Tote pro 100.000 Einwohner mehr geben.

Grafik zu den Todesfälle in den USA durch den Klimawandel

Hsiang, Kopp, Jina, Rising, et al. ( Science , 2017)

Veränderungen bei den Todesfällen pro 100.000 Einwohner

Aber nicht nur die Hitze, sondern auch mehr Wirbelstürme und ein höherer Meeresspiegel gefährden die Menschen im Süden. Treffen wird das – in abgeschwächter Form – auch die nördliche Atlantikküste.

Anpassungsverhalten nicht einkalkuliert

Für die Prognose verwendeten die Forscher Daten aus der Vergangenheit. Diese zeigen aber nur, wie Gesellschaft und Wirtschaft bisher auf eher kurzfristige Klimaveränderungen reagiert haben. Wie die Menschen in der Zukunft mit dem Klimawandel umgehen, weiß man noch nicht. Wenn wir uns gut anpassen, könnte das den Schaden verringern, erklären die Wissenschaftler.

Trotzdem prognostizieren sie Kosten „wie in der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre, nur dass die Kosten langfristig bestehen bleiben und der Schaden für die armen Regionen um ein Vielfaches höher sein wird“. Sie hoffen auf regionale Anpassungsstrategien und eine nationale Politik, die den Schaden eindämmt. Das ist im Moment wohl eher nicht zu erwarten.

In Alaska, das wie auch Hawaii und Puerto Rico nicht in die Studie miteinbezogen wurde, zeigt das Thermometer beispielsweise jetzt schon fünf Grad mehr an als vor dem Klimawandel, was unter anderem die Sterblichkeit erhöht hat.

Katharina Gruber, science.ORF.at

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