Klimawandel: Mehr Infektionen durch Insekten

Der Klimawandel verändert auch die Verbreitung von Infektionskrankheiten. Wissenschaftler haben untersucht, welche Viren und Bakterien am stärksten auf die steigenden Temperaturen reagieren: Insekten spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen überspringen können - dazu gehören etwa Malaria, Ebola oder auch Salmonellen. Drei Viertel aller Erkrankungen, die in den vergangenen zehn Jahren aufgetaucht sind, gehören zu diesen Zoonosen.

Wie und wo sich diese Krankheiten zukünftig verbreiten werden, hängt vor allem vom Klimawandel ab, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Universität Liverpool, erschienen im Fachblatt „Scientific Reports“. Die sogenannten Vector-borne Diseases, also Krankheiten, die von Insekten übertragen werden, reagieren demnach stärker auf die steigenden Temperaturen, als bisher gedacht.

Viren, Bakterien und Parasiten

Die Projektleiterin Marie McIntyre und ihre Team vom Institut für Infektions- und Umweltmedizin haben analysiert, welchen Einfluss steigenden Temperaturen auf die einhundert wichtigsten Infektionskrankheiten haben könnte, die den Menschen betreffen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass sich zwei Drittel davon in Folge des Klimawandels weiter ausbreiten werden, auch in Europa.

Jene Infektionen, die von Insekten wie Mücken und Zecken (sie gehören zur Gruppe der Milben) übertragen werden, „profitieren“ am meisten von den steigenden Temperaturen. Gefolgt von jenen Erregern und Parasiten, die sich über Boden, Wasser und Nahrung verbreiten. Die Liste jener Krankheiten, sich laut Studie durch den Klimawandel weiter ausbreiten werden, führen Cholera, Leberegel, Milzbrand und Borreliose an.

„Es braucht keine Tigermücken“

Dass sich gerade von Insekten übertragene Krankheiten wegen des Klimawandels weiter ausbreiten werden, habe mehrere Gründe, sagt Franz Rubel vom Institut für Öffentliches Veterinärwesen der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Wenn sich die Klimazonen Richtung Norden verschieben, können sich in Ländern wie Österreich neue Insektenarten ansiedeln. „Es kann aber auch sein, dass Stechmücken oder Zecken, die bereits hier sind, durch das wärmere Klima eine Vektor-Kompetenz erwerben“, so Rubel. Die Vektoren sind die Insekten, die die Krankheitserreger übertragen.

Wird es in unseren Breiten wärmer, dann wird nicht nur die Saison für die Insekten länger. Die höheren Außentemperaturen führen auch dazu, dass sich die Erreger in den Mücken oder Zecken schneller vermehren können. Denn die Insekten und die Spinnentiere werden erst zu einem Vektor, wenn sie ausreichend Viren oder Bakterien in sich tragen, um Mensch oder Tier bei einem Biss anzustecken. „Das heißt, es ist nicht unbedingt notwendig, dass die asiatische Tigermücke zum Beispiel nach Österreich eingeschleppt wird“, erklärt Rubel. Auch unsere Hausgelsen könnten eine Vektorkompetenz erwerben und damit diese Krankheiten übertragen.

Zecken wandern in die Höhe

Noch gibt es diese Probleme nicht. Aber Franz Rubel betont, dass es einige Erreger gibt, die die Wissenschaftler vorsorglich im Auge behalten. Dazu gehören bekanntere wie das West-Nil-Virus, Malaria oder Zika und weniger bekannte wie das SFTS-Virus, das in China, Japan und Südkorea heimisch ist und von Zecken übertragen wird, die auch in Österreich hier heimisch sind. „Der Vektor wäre in Österreich also schon vorhanden“, so Rubel. Deswegen müsse man diese Krankheit im Fokus haben, um bei einem Ausbruch entsprechend reagieren zu können. Noch gibt allerdings keine Hinweise auf eine Verbreitung außerhalb des asiatischen Raums.

Steigen die Temperaturen, werden sich wohl zunächst andere Erreger ausbreiten. Darauf deuten die Forschungsergebnisse Franz Rubels und seiner Kollegen hin. Jene Zecken, die FSME und Borreliose-Bakterien übertragen, erobern neue Lebensräume. Wird es wärmer, dann können die Insekten auch in höheren Regionen Österreichs, im Gebirge, überleben. Außerdem beobachten die Wissenschaftler, dass infizierte Zecken immer weiter in den Norden Europas vordringen.

Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft

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