Länger leben durch Fett
Unter Sportlern und Diätprofis gilt die ketogene Diät längst als Wunderwaffe. Sie lässt Fett schmelzen und Muskeln wachsen, heißt es. Man muss allerdings dafür fast völlig auf Kohlenhydrate verzichten, darf nur Proteine und vor allem große Mengen Fett zu sich nehmen. Der Hintergrund: Zucker ist die primäre, schnell verfügbare Energiequelle für den Körper. Fehlt der Nachschub, signalisiert er Hunger.
Die Studien
„A Ketogenic Diet Extends Longevityand Healthspan in Adult Mice“
„Ketogenic Diet Reduces Midlife Mortality andImproves Memory in Aging Mice“, Cell Metabolism, 5.9.2017
Der Organismus ist aber für Mangelsituationen gerüstet: Sind alle gespeicherten Kohlenhydrate aufgebraucht und werden die leeren Energiespeicher nicht wieder aufgefüllt, stellt er seinen Stoffwechsel um und kann auch die stillen Reserven verwerten. Die Leber wandelt Körperfett in Ketone bzw. Ketonkörper um - Ketose nennt sich der nun aktive Stoffwechselzustand. Anstelle der Glukose versorgen die Ketone dabei die Muskulatur und das Gehirn mit Energie.
Auch zur Behandlung von Krankheiten wird die ketogene Diät mitunter eingesetzt: Erwiesenermaßen senkt sie bei manchen Epilepsieformen die Anfallshäufigkeit. Ihre Wirkung bei anderen schweren Erkrankungen wie Krebs und Multipler Sklerose ist allerdings sehr umstritten.
Leben verlängert
Ob eine fettreiche Ernährung auch das Leben verlängern und Alterserscheinungen bekämpfen kann, haben zwei Forschergruppen nun an erwachsenen Mäusen getestet. Ein Teil der Tiere wurde fast ausschließlich mit Fett (ca. 90 Prozent der Nahrung) ernährt. Die anderen Gruppen erhielten Mischkost oder eine kohlenhydratarme Kost. In einer der beiden Studien wurde die Kalorienzufuhr limitiert - damit die Mäuse nicht zunahmen. Die andere Forschergruppe fütterten die Tiere abwechselnd ketogen und normal.
Die fettreiche Ernährung verlängerte in beiden Untersuchungen die durchschnittliche Lebensdauer der Mäuse. In einer der beiden Studien sogar um 13 Prozent (gegenüber den Kontrollgruppen) - das entspricht laut den Forschern ungefähr sieben bis zehn Jahren bei Menschen.
Fit und gesund
Um zu sehen, wie sich die Ernährung auf Geist und Körper auswirkt, mussten die Tiere außerdem verschiedene Tests absolvieren, z. B. im Labyrinth und im Laufrad. Auch Körperfunktionen wie der Herzschlag und Entzündungswerte wurden überprüft. Tatsächlich profitierten die Mäuse geistig wie körperlich von dem vielen Fett. Sie merkten sich mehr, waren geschickter, gesünder und in einer der Studien sogar stärker als die Vergleichstiere.
Die Forscher gehen davon aus, dass eine derartige Ernährung auch Menschen nutzen könnte. In der Praxis sei eine solche extreme Diät allerdings schwer zu leben. Daher suchen die Forscher nun nach den entsprechenden molekularbiologischen Mechanismen, um dieselben Effekte mit weniger drastischen Interventionen zu erzielen.
Eva Obermüller, science.ORF.at