Was können Probiotika?

Kefir, rohes Sauerkraut und probiotische Getränke - Probiotika sollen den Bakterienhaushalt im Darm verbessern und etwa bei Durchfall helfen. Die Forschung dazu nimmt zu, die Ergebnisse sind aber meist vage und alles andere als eindeutig.

Damit Kleinstlebewesen wie Milchsäurebakterien überhaupt eine Wirkung haben können, müssen sie erst die Magensäure überstehen und sich dann im Darm etablieren. Das schaffen nicht alle, erklärt der Mikrobiologe Paul Cotter vom University College in Cork. „Manche Bakterien sind widerstandsfähiger als andere, wodurch sie eher bis zum Darm gelangen. Wie gut sich Bakterien wiederum im Darm vermehren, hängt ebenfalls von der genetischen Zusammensetzung der Bakterien ab.“

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 11.9.

In den letzten Jahren ist die Forschung zum Darm sowie zu sogenannten Probiotika deutlich angestiegen - also zu jenen lebenden Mikroorganismen, die eine positive gesundheitliche Wirkung im Darm erzielen sollen und etwa in Nahrungsergänzungsmitteln sowie in fermentierten Lebensmitteln wie Kefir oder rohem Sauerkraut vorkommen.

Kefir im Darm auch gesund?

Im Fall von Kefir scheinen es die Bakterien jedenfalls bis in den Darm zu schaffen. Das hat Paul Cotter in Zusammenarbeit mit der BBC kürzlich gezeigt. Teilnehmer einer kleinen Studie tranken dabei einen Monat lang jeden Tag einen Becher mit dem Milchgetränk. „Die Kefir-Mikroben gelangten in den Darm und konnten dort die Zusammensetzung der Darmflora bis zu einem gewissen Grad verändern.“

Ob diese die Gesundheit förderten, wurde allerdings nicht untersucht, und davon ist auch nicht automatisch auszugehen. Zwar waren in dem Getränk mit Lactobacillus kefiranofaciens und Lactobacillus kimchi unter anderem Bakterien vom Stamm der Laktobazillen enthalten - das sind Milchsäurebakterien, denen man allgemein eine gesundheitsfördernde Wirkung zuschreibt. Allerdings wirken die Unterarten nicht alle gleich, betont Cotter - einigen konnte man bisher auch noch keine Wirkung nachweisen. „Es ist uns wichtig, dass die Menschen wissen, dass die gesundheitsfördernde Wirkung im Detail sehr vom einzelnen Stamm abhängt.“

ORF-Schwerpunkt

Unter dem Titel „bewusst gesund: Aus dem Bauch“ widmen sich zwischen 9. - 15.9. zahlreiche Radio- und TV-Sendungen sowie Online-Beiträge der Frage, welchen Einfluss der Darm auf Psyche, Gesundheit und Wohlbefinden hat.

Zur Frage, ob Kefir-Bakterien gesund machen, gibt es noch allgemein Forschungslücken, erklärt Bernd Kerschner von Medizin Transparent, einer Plattform der Universität Krems, die Studien hinsichtlich ihrer Aussagekraft untersucht. „Das heißt, Kefir ist viel zu wenig untersucht, um zu sagen, ob er etwas bewirken kann oder nicht.“

Probiotika verkürzen akuten Durchfall

Forschungen zu anderen Produkten, wie etwa probiotische Pulver sowie Milchprodukte, die mit Mikroorganismen versetzt wurden, haben wiederum gezeigt, dass sie eine akute Durchfallinfektion im Schnitt um einen Tag verkürzen können. Zu diesem Ergebnis kam eine Metaanalyse mit 63 Studien, so Kerschner. Andere Untersuchungen zeigten, dass Probiotika auch das Risiko vermindern können, nach einer Antibiotikabehandlung Durchfall zu bekommen. Vergleiche der einzelnen Produkte fehlen aber bisher. „Hier sind die Daten zu wenig aussagekräftig, um sagen zu können: ‚Joghurt wirkt besser oder schlechter als Kapseln usw.’“

Auch bei Allergien wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Mikroorganismen bei der Behandlung von Symptomen helfen können - wie etwa bei allergischem Schnupfen. Hier seien die Studien allerdings teilweise widersprüchlich, erklärt Kerschner. Auch gibt es noch kaum Hinweise, dass Bakterien in Drinks oder Kapseln Allergien vorbeugen können. Mit einer Ausnahme: So deuten Studien darauf hin, dass Probiotika das Neurodermitis-Risiko bei Kindern senken können. Allerdings ist auch in diesem Fall noch unklar, welche probiotischen Bakterienstämme genau und in welcher Dosis am wirksamsten sind.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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