Mehr Asthma durch Klimaerwärmung

In Österreich reagieren deutlich mehr Menschen allergisch auf Pollen als noch vor wenigen Jahren, so das Zwischenergebnis einer Langzeitstudie. Grund dafür seien Hitze und Stürme, durch sie stiegen die Pollenbelastung in der Luft und die Schadstoffwerte für Ozon.

Waren es bei der ersten Untersuchung im Jahr 2012 noch rund 37 Prozent der Bevölkerung, die bei den Hauttests sensibel auf Pollen reagierten, ist die Anzahl nun auf 50 Prozent gestiegen, erklärt die Studienleiterin und Lungenfachärztin Sylvia Hartl vom Otto Wagner Spital in Wien. Sie warnt davor, dass damit die Zahl der Asthma-Erkrankungen in der Bevölkerung künftig steigt: „Man muss dazu sagen, sensibilisiert sein, heißt noch nicht krank sein. Aber die Sensibilisierung im Hauttest ist ein achtzigfaches Risiko dafür, auch Entzündungszellen im Blut zu finden.“

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Insgesamt werden für die Studie gut 11.000 Probanden aus Wien und Niederösterreich im Alter zwischen sechs und 80 Jahren immer wieder untersucht und etwaige Veränderungen protokolliert. Wie das Zwischenergebnis nun zeigt, haben sich allein bei Ragweed und Spitzwegerich die allergischen Reaktionen in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Als Grund nennt die Medizinerin den Klimawandel: „Hitze hat für manche Pflanzen eine günstige Auswirkung, sodass bestimmte Blüher früher und intensiver zu blühen beginnen, was die Pollenintensität in der Luft erhöht.“ In heißeren Ländern zeigt sich bereits, dass die Asthmaanfälle schwerer werden, ergänzt die Lungenfachärztin.

Sie warnt zudem davor, dass durch mildere Winter und heißere Sommer neue Pflanzen heimisch werden, die die Atemwege zusätzlich belasten können. Darüber hinaus wirbeln starke Stürme die Pollen immer wieder auf und transportieren sie über weite Strecken.

Schädlicher Mix: Ozon, Feinstaub und Pollen

Die Pollen sind aber nicht das alleinige Problem für die Lunge. „Tendenziell sehen wir auch, dass mit der Klimaerwärmung mehr Schadstoffe in der Luft bleiben.“ Schädlich ist dabei neben Feinstaub, Stickoxiden und Schwefeloxiden vor allem Ozon. „Dieser Faktor wird oftmals unterschätzt, da die Alarmstufen des lebensbedrohlichen Vergiftens insgesamt nicht überschritten werden.“ An Hitzetagen erreicht die Ozonbelastung allerdings gefährliche Spitzenwerte, wie das Umweltbundesamt auch in diesem Sommer meldete.

Zusammen mit Pollen und anderen Luftschadstoffen ergibt das so eine gefährliche Mischung, die das Umweltorgan Lunge gefährlich reizt. Besonders betroffen sind laut der Langzeitstudie Kinder und junge Erwachsene. So sind bereits zwölf Prozent von obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Bronchitis, Asthma oder COPD betroffen. Bei Erwachsenen sind es wiederum 4,5 Prozent. „In der Regel gehen wir davon aus, dass es sich in der Mehrzahl der kindlichen Lungenveränderungen um milde Erkrankungen handelt und daher wurde bisher gedacht, dass dies wenig Bedeutung für die weitere Zukunft des Kindes bzw. der Jugendlichen haben wird.“ Allerdings zeigen die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung auch, dass etwa 13 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen bereits jetzt klinisch relevante Lungeneinschränkungen haben. „Das heißt, hier lässt sich die Lungenfunktion auch mit Medikamenten nicht mehr normalisieren.“

Lungenfunktionstest für Kinder empfohlen

Zudem weisen vergleichbare Studien aus anderen Ländern darauf hin, dass eine Lungenerkrankung in der Kindheit oder Jugend der wichtigste Wegbereiter für spätere chronische Lungen- und weiteren Erkrankungen im Erwachsenenalter ist - wie etwa Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen. „Hier wird noch sehr viel darüber gerätselt, warum das so ist. Ob etwa eine genetische Disposition vorliegt, oder ob weniger Bewegung, schlechtere Ernährung usw. später dazu führt, dass die Betroffenen im Erwachsenenalter auch andere Krankheiten entwickeln.“

Die Lungenfachärztin empfiehlt deshalb Eltern, die Lungenfunktion ihrer Kinder ab einem Alter von sechs Jahren vorbeugend überprüfen lassen. Den Test bezahlt die Krankenkasse.

Im Rahmen der Langzeitstudie wollen Forscherinnen und Mediziner nun herausfinden, welche Menschen etwa durch ihren Beruf oder ihren Lebensstil besonders gefährdet sind, an der Lunge zu erkranken, so Hartl. Sind bestimmte Risikogruppen bekannt, könnte man die Menschen gezielt darauf aufmerksam machen, ein bestimmtes Verhalten wie etwa Rauchen zu vermeiden bzw. sich an bestimmten Orten nicht aufzuhalten, so Hartl. „Wobei man sagen muss, Klimaerwärmung ist nichts, was Mediziner beeinflussen können.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wisssenschaft

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