Die Lehren aus der „Kindergarten-Studie“

Die umstrittene „Kindergarten-Studie“ wirft einmal mehr die Frage auf: Riskieren Wissenschaftler ihre Unabhängigkeit, wenn sie Politiker oder Ministerien beraten? Verhindern ließe sich das durch ethische und rechtliche Leitlinien.

Zur Erinnerung: Der Religionspädagoge Ednan Aslan von der Uni Wien hatte im Auftrag des Integrationsministeriums analysiert, inwieweit die Wiener Kindergärten islamistischem Einfluss ausgesetzt sind. Die Studie wurde heftig kritisiert, unter anderem auch, weil der Verdacht des direkten Einflusses durch das Ministerium entstanden ist.

Diese Woche hat ein von der Uni beauftragtes Gutachten inhaltliche Mängel festgestellt. Also: Wer zahlt, schafft an? Diesen Eindruck wollen alle Universitäten tunlichst vermeiden. Und sie berufen sich dabei auf ein Regelwerk zur guten wissenschaftlichen Praxis. In jenem der Technischen Universität Wien etwa ist festgehalten:

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind verpflichtet, ihre wissenschaftliche Tätigkeit entsprechend den rechtlichen Regelungen, ethischen Normen und dem aktuellen Stand ihres Faches durchzuführen, Resultate zu dokumentieren und alle Ergebnisse konsequent kritisch zu hinterfragen.

„Können Veröffentlichung einfordern“

Die gute wissenschaftliche Praxis sei eine Richtschnur, sagt der stellvertretende Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Walter Peissl. Im Alltag müsse man aber konkreter werden: „Wir sehen natürlich die Möglichkeit, eine Veröffentlichung der Ergebnisse einzufordern und auch zu ermöglichen. Gerade dann, wenn die Aufträgen aus dem Bereich der öffentlichen Hand stammen.“

Das Institut für Technikfolgenabschätzung erstellt im Jahr zwischen zehn und 15 Studien im Auftrag von Ministerien, Parlament oder Europäischer Union. Die Themen reichen von der Nanotechnologie über Energie und Nachhaltigkeit bis hin zur Sicherheit. „Wir versuchen in jedem unserer Verträge, die wir mit Auftraggeber abschließen, zu verankern, dass wir als wissenschaftliche Einheit unabhängig sind.“

„Wissenschaftliche Hoheit“ bliebt bei Forschern

Natürlich tausche man sich im Lauf einer Studie immer wieder mit den Auftraggebern aus, doch die „wissenschaftliche Hoheit“ werde dabei nicht angetastet, betont Peissl. Das heißt: Wer was in welcher Form in den Bericht schreibt - diese Entscheidung bleibt immer den Forschern vorbehalten.

Derzeit stehe in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Ministerien, dass sie über die Veröffentlichung einer Studie entscheiden können. Umso wichtiger sei es, hier als wissenschaftliche Einrichtung in den Verträgen klar das Publikationsrecht einzufordern. Transparenz, so Peissl, sei ein wesentlicher Teil der offenen Diskussion.

Das wäre nach Einschätzung des stellvertretenden Direktors des Instituts für Technikfolgenabschätzung ein wesentliches Element für jene Regeln, die der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik ausarbeiten möchte. Anleihen könnte er auch bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften nehmen: Sie hat solche Leitlinien bereits formuliert, um eine methodische und inhaltliche Beeinflussung auszuschließen.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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