Umweltschützer klagen norwegische Regierung

Greenpeace hat die norwegische Regierung geklagt. Grund dafür ist die Vergabe von Öl- und Gasbohrlizenzen in der Barentssee. Diese könnten das arktische Ökosystem gefährden, argumentieren die Umweltschützer. Heute beginnt der Prozess in Oslo.

Die Polkappen schmelzen und die Temperaturen steigen. Nördlich des Polarkreises, in arktischen Gewässern, nach Erdöl und Erdgas zu suchen, wird dadurch immer leichter zu bewerkstelligen. Genau hier vermuten Geologen große Gas- und Ölvorkommen, die teilweise noch unentdeckt sind. Das lockt internationale Unternehmen an, die auf fossile Energieträger spezialisiert sind. Und für Norwegen ist die Lizenzvergabe ein einträgliches Geschäft. Doch aus Sicht von Greenpeace und Nature & Youth, beides Umweltschutzorganisationen, ist dieses Vorgehen verfassungswidrig. Deswegen habe man beim Bezirksgericht Oslo Klage eingereicht.

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Dem Thema widmet sich auch Wissen aktuell am 14.11. um 13.55.

Recht auf intakte Umwelt

2014 wurde die norwegische Verfassung überarbeitet und ein neuer Passus eingeführt. Seitdem garantiert die Verfassung allen Norwegerinnen und Norwegern ein Recht auf eine intakte Umwelt. Und das gelte auch für zukünftige Generationen, sagt Adam Pawloff von Greenpeace Österreich. Die Bohrvorhaben in der Arktis würden dieses Recht gefährden.

Sollte Erdöl in den kalten arktischen Gewässern austreten, ist nicht nur das Ökosystem dort gefährdet. Bis heute gibt es keine Technologie, um Eis von Erdöl zu befreien. Und in den kalten Polarmeeren arbeiten die natürlichen Abbaumechanismen wesentlich langsamer als in wärmeren Meeren.

Pariser Klimaabkommen gefährdet?

Laut Greenpeace seien die Fördervorhaben jedoch nicht nur zu riskant, sie widersprächen auch dem Pariser Klimaabkommen, das Norwegen unterzeichnet hat. Dessen Ziel ist es, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius, maximal auf 2 Grad zu begrenzen. „Würden wir alle bekannten fossilen Reserven der Welt aufbrauchen, dann würden wir die 1,5 Grad Grenze um das sechsfache überschreiten“, erklärt Pawloff.

Nach Ansicht von Greenpeace sei es deswegen fragwürdig, neue Lizenzen und neue Ölfelder zu vergeben. Denn diese Praxis würde gegen das erklärte Ziel arbeiten, die Erderwärmung aufzuhalten, argumentieren die Umweltschützer. Die internationale Staatengemeinschaft solle viel mehr daran arbeiten, aus der Gas- und Erdölförderung auszusteigen.

OMV verweist auf hohe Standards

Die OMV, die eine der Lizenzen erworben hat, möchte das Gerichtsverfahren nicht kommentieren, betont aber in einer Stellungnahme, dass alle Bohrungen der OMV die hohen norwegischen Standards erfüllen und von den Behörden genehmigt wurden. „Die OMV ist in keinen Regionen tätig, die permanent oder saisonal von Eis bedeckt sind“, heißt es weiter in der Stellungnahme.

Das Urteil des Osloer Bezirksgerichtes wird noch einige Wochen auf sich warten lassen. Der Prozess, der heute begonnen hat, dauert voraussichtlich bis zum 23. November. Ein Ergebnis wird frühestens im Dezember erwartet.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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