Auch Mäuse singen Liebeslieder

Mäuse sind nicht gerade wegen ihrer Gesangsqualitäten bekannt - das hat einen simplen Grund: Sie kommunizieren im für uns unhörbaren Ultraschall. Wiener Forscher haben die Mausgesänge nun mit einem Trick hörbar gemacht.

Vor ein paar Jahren hielt Dustin Penn am Wiener Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung einen Vortrag. Kommunikation von Tieren lautete das Vortragsthema, welches der Verhaltensforscher anhand eines Hörbeispiels illustrierte. „Welche Art ist das?“, lautete Penns Frage ans Publikum. Dort saßen ausgewiesene Kenner der Vogelwelt, doch sie wussten es nicht.

Penn half nach: „Diese Art ist in Österreich heimisch.“ Wieder schwiegen die Ornithologen - bis Penn ihnen eröffnete, dass sie soeben keinen Vogel gehört hatten, sondern eine Maus.

Labormäuse kommen schnell zur Sache

Normalerweise ist das Piepsen der Mäuse für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar, seine Frequenz liegt im Ultraschallbereich. Doch wenn man die Tonhöhe herabsetzt und das Ganze verlangsamt abspielt, klingen Mäuse tatsächlich sehr ähnlich wie Vögel - nämlich so:

Die bisherigen Erkenntnisse auf diesem Gebiet wurden fast ausschließlich an Labormäusen gewonnen, sagt Penn gegenüber science.ORF.at. Wildlebende Mäusen seien für diese Art von Forschung allerdings noch interessanter: „Wenn Sie eine weibliche und eine männliche Labormaus in einen Käfig setzen, dann werden sich die beiden innerhalb einer Stunde paaren. Dafür wurden sie gezüchtet. Bei Wildmäusen dauert das Liebeswerben viel länger.“

Dieser Umstand wirkt sich auch auf den Variantenreichtum der Gesänge aus. Die Ergebnisse seiner Untersuchung hat Penn nun mit seiner Fachollegin Sarah Zala vorgelegt. Wie die Forscher im Journal „Plos One“ schreiben, singen entgegen bisheriger Annahmen beide Geschlechter, nicht nur die Männchen. Und sie stimmen ihre Laute offenbar auf den jeweiligen Zuhörer ab.

Liebeswerben mit hoher Stimme

Gegenüber dem gleichen Geschlecht piepsen Wildmäuse in relativ tiefer Tonlage, sofern sie denn überhaupt einen Ton von sich geben. Ist ein potenzieller Sexualpartner in der Nähe, werden die Nager offenbar gesprächig: Dann heben sie die Stimme - und rufen ihr gesamtes Repertoire inklusive musikalischer Silben und Phrasen ab (Audio 20-fach verlangsamt).

Ähnliches haben Forscher auch bei Menschen festgestellt, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Tiefe Männerstimmen wirken auf Frauen tendenziell anziehend. Dieser Zusammenhang lässt sich sogar bei Politikern (beiderlei Geschlechts) nachweisen: Der amerikanische Politikwissenschaftler Casey Klofstad spricht gar von akustisch geprägten „Höhlenmenscheninstinkten“, die sich im Wahlverhalten widerspiegeln könnten.

Singen Mäuse im Duett?

Um Zusammenhänge zwischen Tonlage und Verhalten zu studieren, seien Mäuse jedenfalls als Modellorganismus ideal, sagt Penn. Denn: „Mäuse sind wohl die am besten erforschten Tiere auf dem Planeten. Wir wissen unglaublich viel über ihre Genetik und ihre Neurobiologie.“

Als nächstes will der Verhaltensforscher herausfinden, ob Mäuse auch Duette singen. So, wie man es von Vögeln kennt: Vielleicht kann er seine Kollegen aus dem ornithologischen Fach ja erneut aufs Glatteis führen.

Robert Czepel, science.ORF.at

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