Berge können „wahnsinnig“ machen

Tiroler Forscher haben ein Krankheitsbild entdeckt, das in extremen Höhen auftritt. Die sogenannte isolierte höhenbedingte Psychose tritt in über 7.000 Meter Seehöhe auf. Über ihre Ursachen können derzeit nur Mutmaßungen angestellt werden.

Dass Alpinisten in extremen Höhen psychotische Episoden erleiden können, wurde bereits vielfach in der Bergliteratur dokumentiert. Bisher hätten Mediziner sie hauptsächlich mit der akuten Höhenkrankheit in Verbindung gebracht. Notfallmediziner der Südtiroler Eurac Research und Psychiater der Medizinischen Universität Innsbruck haben nun rund 80 psychotischen Episoden aus der deutschen Bergliteratur analysiert. Die Schlussfolgerung: Es könnte sich dabei um ein neues Krankheitsbild handeln.

Bisher führten Mediziner akustische, optische und olfaktorische Halluzinationen auf organische Ursachen zurück. Sie treten neben Symptomen wie starken Kopfschmerzen, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen häufig als Begleiterscheinung eines Hirnödems auf. „Durch die Studie haben wir herausgefunden, dass es eine Gruppe von Symptomen gibt, die rein psychotisch sind, das heißt, dass sie zwar mit der Höhe zusammenhängen, jedoch weder auf ein Höhenhirnödem noch auf andere organische Faktoren wie Flüssigkeitsverlust, Infektionen oder organische Erkrankungen zurückzuführen sind“, erläutert Hermann Brugger von der Eurac.

Erhöhtes Unfallrisiko

Faktoren wie Sauerstoffmangel, der Umstand, völlig auf sich alleine gestellt zu sein, und eine beginnende Schwellung in gewissen Hirnregionen könnten die Psychosen auslösen, vermuten die Forscher. Sobald die Alpinisten die Gefahrenzone verlassen und vom Berg absteigen, verschwinden die Symptome vollständig und es bleiben keine Folgeschäden zurück.

Die Studienergebnisse sind laut den Wissenschaftlern relevant, da das Syndrom das Risiko von Unfällen erhöhe. „Vermutlich gibt es eine Dunkelziffer von Unfällen und Todesfällen infolge von Psychosen“, meint Katharina Hüfner von der Med-Uni Innsbruck. Deshalb sei es äußerst wichtig, dass Bergsteiger über dieses vorübergehende Phänomen informiert werden.

Im kommenden Frühjahr wollen die Forscher in Zusammenarbeit mit nepalesischen Ärzten weitere Untersuchungen im Himalaya-Gebiet durchführen. Dabei wollen sie unter anderem herausfinden, wie häufig die Krankheit auftritt.

science.ORF.at/APA

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