„Genschere“ ist nicht immer Gentechnik

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat eine Empfehlung zur „Genschere“ CRISPR/Cas abgegeben: Sie gilt nicht automatisch als Gentechnik. Damit ist sie auch nicht immer kennzeichnungspflichtig - etwa bei Mais und anderen Nutzpflanzen.

Angeregt wurde die jüngste Stellungnahme durch eine Klage französischer Tier- und Naturschutzorganisationen. Es ging um die Frage: Fallen neue Methoden wie CRISPR/Cas, mit denen sich das Erbgut deutlich einfacher und präziser manipulieren lässt, unter die strengen Gentechnik-Richtlinien der EU?

Ergebnis zählt, nicht die Methode

Michal Bobek, Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs, antwortet nun wie folgt: Als Gentechnik gelten solche Methoden nur, wenn sie fremde Gene ins Erbgut von Tieren oder Pflanzen einschleusen. Führen sie hingegen zu Mutationen, die das bestehende Erbgut variieren, dann sind sie es nicht.

Soll heißen: Wenn man mit CRISPR/Cas eine Veränderung im Erbgut herbeiführt, die man mit Mutationen und Kreuzungen auch hätte erreichen können, dann gilt das Ergebnis als „naturident“ - und fällt daher nicht unter die Kontroll- und Kennzeichnungspflicht laut EU-Richtlinie 2001/18/EC. Was zählt, ist laut EuGH also nicht die Methode, sondern das Ergebnis.

Wo die Grenze zwischen „natürlich“ und „künstlich“ zu setzen ist, bleibt bei so einem Zugang unklar. Schließlich tauschen auch in der freien Natur Gene ihre Plätze über Artgrenzen hinweg, nicht zuletzt auch beim Menschen. Experten schätzen etwa, dass ca. acht Prozent unserer DNA ursprünglich von Viren stammt.

Keine Kontrolle für mutiertes Saatgut?

In der Praxis geht es freilich um mehr als nur um Definitionen. Mute Schimpf von Friends of the Earth Europe, der europäischen Dachorganisation von GLOBAL 2000, fordert umfangreiche Kontrollen, bevor gentechnisch veränderte Organismen auf den Markt gelangen. Damit hat die Umweltschutzorganisation vor allem Saatgutkonzerne wie Monsanto und DuPont im Blickfeld, die bis 2021 mit CRISPR/Cas editierte Kulturpflanzen anbieten wollen.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, kommt indes zu einer leicht positiven Einschätzung: „Der EuGH-Generalanwalt hat heute immerhin klargestellt, dass auch Produkte neuer Gentechnik-Verfahren nicht generell von der europäischen Gentechnik-Regulierung ausgenommen sind.

Das endgültige Urteil des EuGHs wird im April erwartet. Die Richter schließen sich der Meinung des Generalanwalts in der Regel an.

Robert Czepel,science.ORF.at

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