Ameisen vermeiden Risiko bei Krankenpflege

Ameisen tun viel, um sich selbst und die Kolonie vor Krankheiten zu schützen. Sie reinigen und pflegen etwa infizierte Artgenossen. Forscher berichten nun, wie Ameisen bei der Krankenpflege Risiko vermeiden und ihr Pflegeverhalten dem eigenen Immunstatus anpassen.

Soziale Ameisen wenden verschiedene Maßnahmen an, damit sich Krankheiten bei den auf kleinstem Raum in Kolonien lebenden Tieren nicht rasch ausbreiten. Sylvia Cremer und ihr Team vom Institute of Science and Technology (IST) Austria haben in früheren Studien etwa gezeigt, dass Kolonien der Ameisenart Lasius neglectus ein „soziales Immunsystem“ aufbauen, indem mit Pilzsporen (Metarhizium) befallene Tiere von Artgenossen intensiv geputzt werden.

Diese Pflege erfolgt auf zwei Arten: entweder durch Abknabbern der Pilzsporen von der Körperoberfläche des infizierten Tiers oder durch chemische Desinfektion. Vor allem beim Abknabbern können sich die „Pfleger“ auf sehr niedrigem Niveau mit dem Krankheitserreger infizieren. Das wirkt dann wie eine „Impfung“ und schützt vor künftigen Infektionen.

Kosten der Immunisierung

In der aktuellen Arbeit konnte Cremer mit ihren PhD-Studenten Matthias Konrad und Christopher Pull zeigen, dass diese Immunisierung auch Kosten verursacht. Kommt eine derart „geimpfte“ Ameise in Kontakt mit einem anderen Krankheitserreger, ist sie für diesen anfälliger. Zur bestehenden Mini-Infektion könnten sie sich eine weitere einfangen, die von den Forschern als „Superinfektion“ bezeichnet wird.

Diese Anfälligkeit hindert die Ameisen nicht daran, weiterhin infizierte Artgenossen zu pflegen - sie vermeiden aber das Risiko einer „Superinfektion“. Dazu gehen sie flexibel und abhängig von ihrem eigenen Immunstatus vor.

Angepasste Pflege

Ist eine Ameise vor einem Erreger geschützt, wird ein damit infiziertes Nestmitglied vor allem durch Abknabbern behandelt. „Dieser intensive Pflegekontakt führt dazu, dass die pflegende Ameise viele Pilzsporen von der infektiösen Nestgenossen abbekommt, gegen die sie allerdings durch vorherige Immunstimulierung wenig anfällig ist“, so Cremer in einer Aussendung.

Trifft allerdings ein pflegendes Tier auf einen Artgenossen mit einem Krankheitserreger, gegen den es aufgrund einer früheren Infektion mit einem anderen Erreger besonders anfällig ist, greift es zu anderen Pflegemaßnahmen: Das infizierte Tier wird dann mit Ameisensäure besprüht und so desinfiziert. Der „Pfleger“ kommt damit weniger in Kontakt mit dem infektiösen Tier und vermeidet so das Risiko einer Superinfektion. „Diese risikoaverse Pflege verbessert und erhält die Gesundheit der pflegenden Tiere und somit der ganzen Kolonie“, so Cremer.

science.ORF.at/APA

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