Gesundheitsdaten längst in Gebrauch

Dass die Regierung medizinische Daten für die Forschung freigeben will, sorgt für Aufregung. Fakt ist aber: Schon bisher wurden Daten von Hunderttausenden Österreicherinnen und Österreichern für die Forschung verwendet - allerdings streng anonymisiert.

Stefan Thurner ist Komplexitätsforscher am Complexity Science Hub Vienna. Vereinfacht gesagt, sucht er nach dem Sinn in großen Datenmengen - darunter auch in medizinischen Daten, die er anonymisiert vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger bekommt.

Ö1-Sendungshinweis:

Über das Thema hat auch das Morgenjournal am 12.4.2018 berichtet.

Das Vorhaben der Regierung, der Wissenschaft die Abfrage persönlicher Daten, sogenannte Registerforschung zu ermöglichen, bewertet er im Ö1-Interview als „relativ gut“. Denn der Knackpunkt sei die Anonymisierung, so Thurner.

ID-Nummer statt Namen

Eine ausschließliche Löschung des Namens, wie von Neos und Datenschützern am Regierungsentwurf als unzureichend bekrittelt, war schon bisher nicht Stand der Technik, wie Thurner anhand seiner bisherigen Forschungsprojekte mit medizinischen Daten beschreibt: „Es wird der Patientenname in eine Zahl, eine ID-Nummer, übergeführt. Diese Zahl kann ich für meine Auswertungen verwenden, aber ich kann von dieser Zahl dann nie mehr auf den Patienten rückschließen.“

Ein Arzt hält das Muster einer E-Card.

APA/Harald Schneider

Auch wenn jetzt alle über die elektronische Gesundheitsakte ELGA reden: Die Grundlage zur datenbasierten medizinischen Forschung wurde u.a. durch die E-Card gelegt.

Auch andere personenbezogene Informationen etwa zum Wohnort werden entfernt, übrig bleiben Angaben zu Krankheiten, Medikamenten, Spitalsaufenthalten. Wie genau das in Zukunft gehandhabt wird, scheint derzeit unklar und ist mit ein Grund für die heftigen Debatten.

Datenkrake personalisierte Medizin

Dass die Arbeit mit großen Datensätzen in der Medizin sinnvoll ist, zeigen die Ergebnisse von Stefan Thurners bisherigen Projekten, die er gemeinsam mit dem Hauptverband durchgeführt hat. So wurde etwa nachgewiesen, dass Menschen mit Diabetes ein höheres Bluthochdruck- und Demenzrisiko haben - was wiederum in der Prävention helfen könnte.

Will man darüber hinausgehen, wird es aber ohne genauere Daten nicht gehen: „Grundsätzlich gilt: Wenn ich personalisierte Medizin haben will, muss ich auf personenbezogene Daten zurückgreifen.“ Ob und in welchem Ausmaß das gewünscht ist, dazu fehlt dem Forscher der Medizinischen Universität Wien bisher die gesellschaftliche Debatte.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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